Buchvorstellung – Die Raubfliegen Deutschlands

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Buchvorstellung – Die Raubfliegen Deutschlands

Fr., 30/03/2018 - 18:32
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Vor wenigen Tagen erschien ein sehr erwähnenswertes Buch über "Die Raubfliegen Deutschlands". Dieses Buch ist eine kleine Perle unter den deutschsprachigen Insekten-Büchern, widmet es sich doch einer Tiergruppe, die bisher eher stiefmütterlich behandelt wurde. Zudem weist es einige sehr interessante und bemerkenswerte Aspekte gerade für Makrofotografen (Makronisten) auf – genügend Gründe, um es hier bei Makrotreff vorzustellen.


Raubfliegen sind in der Regel recht große, auffällige Insekten, die häufig auf ihrem Jagdansitz oder bei ihren Jagdflügen beobachtet werden können. Mit dem nun erschienenen Buch aus dem Quelle & Meyer-Verlag liegt erstmals ein umfassendes Buch in deutscher Sprache vor, das auch dem Laien einen tieferen Einstieg in die Beschäftigung mit dieser Fliegengruppe ermöglicht.

Zum Buch:

Die Raubfliegen stellen mit etwa 80 Arten in Deutschland eine vergleichsweise übersichtliche Artengruppe bei uns dar. Alle Arten werden inhaltlich ausführlich vorgestellt und mit Fotos gezeigt.

Das Buch gliedert sich in drei Abschnitte:

  • Allgemeiner Teil    –  sehr umfangreiche Informationen rund um die Biologie der Raubfliegen (Autor Danny Wollf);
                                          inklusiv einem umfangreichen Kapitel über die Fotografie von Raubfliegen (Autor Markus Gebel)
  • Bestimmungsteil   –  Bestimmungsschlüssel für alle in Deutschland vorkommenden Raubfliegenarten (Autor Fritz Geller-Grimm)
  • Artporträts             –  umfangreiche Vorstellung jeder in Deutschland vorkommenden Raubfliegenart (Autor Danny Wolff)

Allgemeiner Teil

Über ein Drittel des Gesamtumfangs des Buches ist eine wahre Fundgrube für allgemeines Wissen rund um Raubfliegen. So findet der Leser einen höchst unterhaltsamen Überblick über die "Geschichte der Raubfliegenforschung in Deutschland" sowie eine Untergliederung der Familie der Raubfliegen in ihre zahlreichen Unterfamilien, ergänzt mit vielen detaillierten Angaben. Hier begegnen uns so illustre Namen wie Mordfliegen, WolfsfliegenHabichtsfliegen, Rabaukenfliegen oder Grauwichte. Mit umfangreichen Informationen über die Individualentwicklung, die Lebensweise und das Verhalten gibt Haupt-Autor Danny Wolff einen Überblick über den aktuellen Stand der Raubfliegen-Forschung.

Zum weiteren unternimmt Wolff den Versuch einer Zuordnung der Raubfliegen zu fünf Gruppen von Lebensraumtypen. Eine genaue Beschreibung der Charakteristiken dieser Lebensräume sowie die Zuordnung der für sie jeweils typischen Raubfliegenarten erleichtert dem Leser das erfolgreiche Aufsuchen von Raubfliegen. Angaben zur Verbreitung und Gefährdung der Raubfliegen runden den Allgemeinen Teil ab.

Bei der Themenwahl und der Art und Weise ihrer Bearbeitung wird ein erklärtes Ziel der Autoren sichtbar: Die überaus faszinierende Familie der Raubfliegen soll auch Nicht-Entomologen näher gebracht werden. Auch dem Laien werden alle wichtigen Informationen gegeben, um Raubfliegen erfolgreich aufsuchen, beobachten und gegebenenfalls fotografieren zu können.

Fotografieren von Raubfliegen

Nahezu alle im Buch veröffentlichten Fotos stammen vom Co-Autor und Fotograf Markus Gebel. In einem für Makronisten besonders interessanten Kapitel beschreibt der Fotograf ausführlich die von ihm angewendete Technik und gibt viele wertvolle Tipps für die Erstellung von Raubfliegenfotos.

Sehr auffällig ist die starke Homogenität der Fotos, die aus der konsequenten Anwendung Markus Gebels Technik resultiert: Bei den meisten seiner Bilder schattet er das Hauptmotiv mittels eines Diffusors ab und hellt, falls nötig, die Raubfliege gleichzeitig mit einem Reflektor leicht auf. Dadurch entstehen technisch hochwertige Fotos von sehr neutral beleuchteten Fliegenkörpern vor hellen Hintergründen.

Insbesondere für ein Bestimmungsbuch ist diese durchgängige Einheitlichkeit der Fotos sehr von Vorteil; der Betrachter "schießt" sich optisch schnell auf die einheitliche Darstellungsweise ein und kann sich rasch ohne Ablenkung auf die artspezifischen Merkmale der abgebildeten Raubfliegen konzentrieren. Die Konsequenz dieser fotografischen Ausrichtung der Bilder stellt ein außergewöhnliches Merkmal des vorliegenden Buchs dar und dürfte in der vorliegenden Form einzigartig sein.

Bestimmungsteil

Ein von Co-Autor Fritz Geller-Grimm speziell für dieses Buch erstellter, reich illustrierter Bestimmungsschlüssel unterstützt den Leser bei der Bestimmung aller bisher in Deutschland nachgewiesenen Raubfliegenarten.

Artporträts

Im dritten Teil des Buchs, der etwa die Hälfte des Gesamtvolumens einnimmt, ist einer Raubfliegenart jeweils eine Doppelseite gewidmet. Für jede Art werden zu den Kriterien Merkmale, Flugzeit, Verbreitung, Lebensraum, Ansitz und Biologie umfangreiche Angaben gemacht – Informationen, die für das Aufsuchen, Beobachten und gegebenenfalls Fotografieren hilfreich sind. Auch hier berücksichtigt der Autor wieder die besonderen Belange von Makrofotografen: So führt er beispielsweise gezielt gut sichtbare typische Artmerkmale auf, die in der Regel auch auf vielen Makrofotos erkennbar sind – vorausgesetzt, sie wurden von seitlicher Perspektive aufgenommen. Und die Angaben in der Kategorie "Ansitz" geben dem Beobachter bzw. Makrofotografen wichtige Hinweise darüber, wo er die jeweilige Raubfliegenart typischerweise bei ihrem Jagdansitz finden kann – die Situation, bei der sich Raubfliegen am besten fotografieren lassen!

An mehreren Stellen im Buch weist der Haupt-Autor auf den allgemein defizitären Kenntnisstand der Wissenschaft bezüglich biologischer Aspekte der Raubfliegen hin – und fordert die Leser dazu auf, eigene Beobachtungen zur Biologie und Verbreitung der Raubfliegen zu dokumentieren und an ihn weiterzuleiten.

Fazit

Das vorliegende Buch ist das Ergebnis eines erfolgreichen Spagats: Einerseits handelt es sich um einen kompakten Naturführer, der auf leicht verständliche Weise auch Nicht-Entomologen in die Artengruppe der Raubfliegen einführt. Auf der anderen Seite ist es ein erstklassiges Fachbuch, das den aktuellen Kenntnisstand zum Artenspektrum, zur Bestimmung, zur Verbreitung und zu vielen wichtigen Aspekten der Biologie unserer heimischen Raubfliegenarten darstellt.

Die fotografischen Abbildungen der vorgestellten Raubfliegen stellen sowohl hinsichtlich ihrer hohen Bildqualität als auch ihrer individuellen, durchgängigen und homogenen Darstellungscharakteristik ein weiteres herausragendes Kriterium dar.

Mit "Die Raubfliegen Deutschlands" ist dem Quelle & Meyer-Verlag wieder einmal die Auflage eines herausragenden Fachbuchs über eine abgegrenzte Insektengruppe gelungen. Vor dem Hintergrund zunehmend schwindenden Wissens der Bevölkerung zu biologischen Themen im Allgemeinen und Pflanzen und Tieren im Speziellen kann dieser Aspekt nicht hoch genug eingeschätzt werden.
Das Buch wird in einer sehr hohen Druck- und Papierqualität produziert, inklusive eines stabilen, wertigen Einbands. Der Preis in Höhe von 24,95 Euro für dieses Werk ist meines Erachtens mehr als angemessen.

 

Die Raubfliegen Deutschlands
1. Auflage 2018
339 Seiten
ISBN: 978-3-494-01733-4
Preis: 24,95 €


Roland Günter

Roland Günter ist Betreiber von Makrotreff und Chefredakteur von MAKROFOTO. Der Dipl. Forst-Ingenieur betreibt die Makrofotografie hauptberuflich und verwaltet ein umfangreiches biologisch-wissenschaftliches Bildarchiv.

Der Kern seiner Arbeit liegt in der Dokumentation biologischer Vielfalt. Zu diesem Themenkomplex werden seit vielen Jahren seine Fotos und Reportagen im In- und Ausland in vielen gängigen Zeitschriften und Buchproduktionen publiziert.

Einen weiteren Schwerpunkt seiner Tätigkeit bildet die von ihm auf professionelles Niveau gehobene künstlerisch-kreative Vintage-Makrofotografie – also die Fotografie mit alten Objektiven an modernen Sensoren. Unter anderem hat er den einzigartigen Multivisions-Vortrag Fotografie mit Flair – Malen mit der Kamera konzipiert und neben anderen Events bei den Internationalen Fürstenfelder Naturfototagen vor großem Publikum gehalten.

Kommentare

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Mein erstes Dabeisein wurde ein Erlebnis, dass nicht vergessen wird. Markus Gebel lud mich ein gemeinsam zu fotografieren — und zwar morgens um 5 Uhr. Als Entomologe und Hobbygotograf war ich erstaunt, denn um diese Uhrzeit finden Vogelexkursionen statt — aber Insekten gibt es kaum.

In Wahrheit schlafen diese — und lassen sich nach langer Übung — auch entdecken. Die Tiere sind bei ruhigem Umgang, relativ schläftig und bereit. Ich nutze tagsüber meinen Blitz und versaue so die Fotos. Die Methoden von Herrn Gebel benötigen Fleiß zur Recherche, Erfahrung bei der Suche und endlose Geduld. Als Resultat ist er nicht nur ein meisterlicher Fotograf, sondern ein gestandener Biologe.

Mit besten Grüßen und vielen Dank für die Besprechung

Fritz Geller-Grimm

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