Howto-Post – Mit mir in die Pilze
In diesem Post zeige ich Euch, wie die meisten meiner Pilzfotos entstehen.
Pilzfotografie ist meine Leidenschaft. Nichts gegen Insekten und Blumen, die bereiten mir im Jahreskreis viel Freude, dennoch fiebere ich jedes Jahr dem Herbst entgegen, der Hochzeit der Pilze. Wie bei jedem Motiv, gibt es bei den Hutträgen drei Wege, über die man sich ihnen annähern kann: Man fotografiert sie, wie sie sind, wie sie sein sollten oder wie man sie sieht. Ich wähle meist die letzte Version, und ebenso oft wird das Bild dabei mystisch und düster – genauso, wie ich den Wald empfinde.
Alle folgenden Bilder sind mit dem modernen (wenn auch schon betagten) Canon 100 f2.8 Makro gemacht. Ich verwende sowohl eine Canon R als auch eine 60D, des Weiteren ein bodennahes Holzstativ, einen Makroschlitten, eine Billigringleuchte im Wert von ca. 30 €, bis zu drei Taschenlampen, einen Faltreflektor/Diffuser und einen kleinen selbstgebauten Standreflektor. Einen Blitz setzte ich nie ein! Alle Automatikprogramme bleiben ausgeschaltet, ich arbeite also nur mit manuellem Fokus und manueller Belichtung.
Die manuelle Belichtung ist für mich wichtig, denn ich benutze das Licht, um Dunkelheit zu schaffen. Das kann ich nur im manuellen Modus.
Herbstlorchel (Helvella crispa)
Hier die Lorchel, wie ich sie vorgefunden habe. Das Umfeld ist nicht berauschend, der Pilz wirkt flach, seine tollen Strukturen sind nur zu erahnen.
Also schnell etwas Licht aufgebaut: zwei LED Leuchten und eine kleine Arbeitsleuchte aus dem Baumarkt.
Das Licht von hinten sorgt für eine ganz leichte Durchleuchtung und lässt den Pilz „strahlen“. Des weiteren werden die Konturen leicht betont. Die obere LED ist für ein Streiflicht verantwortlich, das für Plastizität sorgt, aber harte Schatten erzeugt. Diese werden von der Arbeitslampe wieder eingefangen und abgemildert.
Da ich manuell auf den hellen Stiel belichte, sorgt das Licht auf dem fertigen Bild nicht für mehr Helligkeit auf dem Pilz, sondern für mehr Dunkelheit des Hintergrundes.
Herbsttrompete (Craterellus cornucopioides)
Gerade mit der Lorchel fertig, stolpere ich beim Einsammeln der Ausrüstung über eine kleine Gruppe junger Herbsttrompeten (diesen Namen finde ich freundlicher als Totentrompeten). Dem Schlund dieses Pilzes ist mit seitlicher Beleuchtung nicht beizukommen, die Arbeitslampe ist zum Glück ein Meister der Verrenkung 😊.
Hier das fertige Bild nach der Lichtarbeit:
Winterporling (Lentinus brumalis)
Nicht nur der Herbst, auch der Winter hat Motive zu bieten. So ist der Jahreswechsel die Hochsaison für Winterporlinge. Gut, bei minus 10 Grad macht das knipsen nicht halb soviel Spaß wie im Sommer, da muss man aber durch.
Diese Zweiergruppe hatte es sich auf einem Ast bequem gemacht. Super für einen alten Mann wie mich, so ein Ast ist mobil und erlaubt rückenschonendes Arbeiten. Hier ist auch eine selten genutzte Flächenleuchte im Einsatz. Das Ding ist super, aber der Akku immer leer, wenn ich sie brauche :-).
Das ist jetzt schon ein größerer Aufbau. Zwei Stableuchten (eine sieht man gerade noch hinter dem Rucksack), eine Flächenleuchte, ein Faltdiffuser für die Stableuchte und mein Klappreflektor am Boden liegend.
Das nächste Bild zeigt das Ergebnis. Man kann gut erkennen wie die hinter dem Motiv aufgebaute Stablampe für Akzente an dem Motivkanten sorgt, und trotz (oder wegen) des ganzen Lampengedöns ist das Licht butterweich und dunkelt den Hintergrund nicht zu sehr ab.
Gemeine Fadenkeulchen (Stemonitis axifera)
Als letzten Pilz habe ich mir einen kleinen Schleimpilz ausgesucht.
Wie es immer so ist, wenn man in den 1:1 Bereich kommt, wird es eng mit dem Abstand Motiv/Frontlinse. Hier schlägt die Stunde der Ringleuchte. Sie sorgt für ein nahezu schattenfreies Frontlicht, für die Plastizität muss daher eine seitlich platzierte Stableuchte aushelfen.
Die Aufnahme entstand nach einem Gewitterschauer, daher die Nässe auf den Fruchtkörpern. Links wächst ein weiterer Pilz, wenn ich raten würde, ein Alabaster-Kernling (Tremella encephela), aber sicher bin ich mir nicht.
Wenn es mir gelungen ist, Dein Interesse an Pilzen zu wecken, würde ich mich freuen, Deine Werke hier auf Makrotreff bewundern zu dürfen. Komm in den Wald und habe Spaß mit den Hutträgern!
Übrigens: Man geht nicht Pilze suchen, man geht Pilze finden 😃.
Ich wünsche Dir eine schöne Zeit und immer das Licht dort, wo Du es brauchen kannst.
Wolfgang

Er nennt sich selbst „bekennender Düsterheini“, und das ist Programm. Seine Fotos aus dem Wald wären die perfekte Kulisse für Fantasyfilme. Vor allem Pilze erweckt er so zum Leben und entführt uns mit seinem Wissen in eine Welt jenseits der Bratpfanne. Mit seinem feinen Gespür bringt er die anderen Makronistinnen und Makronisten auf den richtigen Weg hin zum immer besser werdenden Foto. Wolfgang ist seit März 2019 auf Makrotreff und flankiert seit März 2021 die drei anderen.
Kommentare
Hallo Wolfgang,das ist ein…
Hallo Wolfgang,
das ist ein außerordentlich interessanter und inspirierender Beitrag! Ich danke dir herzlich für diese Tipps und Hinweise - wirklich sehr anregend!
Ein schönes (Pilz-)Wochenende und beste Grüße,
Rainer
Hallo Wolfgang,sehr…
Hallo Wolfgang,
sehr inspieriered. Ich hoffe, ich erwische noch einen schönen Herbsttag. Bei mir ist es leider schon wieder fast vorbei.
Liebe Grüße
Inga
Hallo Wolfgang,ich habe noch…
Hallo Wolfgang,
ich habe noch eine Frage zu deinem workflow.
Wenn man mit Taschenlampen etc. arbeitet, hat dieses Licht in der Regel eine andere, kühlere Farbtemperatur als das normale Tageslicht. Wenn ich nun, wie gestern ausprobiert, einen Pilz damit beleuchte und die Kameraeinstellungen gegenüber einer Aufnahme bei natürlichem Licht nicht verändere, erscheint der angestrahlte Pilz in der "entwickelten" Aufnahme nicht in seiner natürlichen Farbe, sondern kaltweiß oder sogar bläulich.
Wie passt du diese Farben an? Veränderst du die Farbtemperatureinstellungen vor der Aufnahme in der Kamera? Oder gleichst du die Farbtemperatur der beleuchteten Pilze in der Entwicklung des Fotos an, z.B. mit Lightroom? Letzteres habe ich gestern beim Experimentieren getan, es klappt auch durchaus, aber ich wüsste halt gern, ob es noch eine andere Möglichkeit gibt.
Herzliche Grüße,
Rainer
MOD
Grüß Dich Rainer,da hast Du…
Grüß Dich Rainer,
da hast Du recht, da sollte man Aufpassen. Meine Stablampen sind nicht kalt weiß sondern haben die Anmutung "Tageslicht". Die Arbeistlampe ist noch wärmer, da muss ich vorsichtig sein. Die Flächen- und die Ringlampe sind in der Farbtemperatur einstellbar. In achzig Prozent der Fälle komme ich recht gut damit klar. Hin und wieder hänge ich zum Abmildern des Lichts Moosfetzen vor die LED. Das Licht bekommt dann einen Grünstich. In dem Fall maskiere ich den Pilz in Capture One und passe den Weißabgleich an. Wenn man das Licht sehr dosiert einsetzt, ist die Farbverschiebung meist minimal. Größere Probleme habe ich, ohne künstliches Licht, bei blauen Pilzen. Da gibt es so einen Farbton, den übersättigt die Canon total. Nur bei Pilzen, bei anderen Motiven kommt es nicht vor. Seltsam, ist aber so.
Servus Wolfgang
Hallo Wolfgang,vielen Dank…
Hallo Wolfgang,
vielen Dank für deine Informationen! Da schau ich mal nach Lampen, die die Farbtemperatur "Tageslicht" haben. Leider scheint es keine Taschenlampen zu geben, bei denen man die Farbtemperatur verstellen kann, nur Flächenleuchten.
Bei ersten Experimenten habe ich festgestellt, dass es unter den Hüten zu Schlagschatten kommt, wenn man sie mit einer normalen Taschenlampe anstrahlt, selbst mit schwächerem Licht bzw. aus weiterer Entfernung. Da hilft wohl nur ein Diffusor (z.B. ein selbstgebastelter für die Taschenlampe)?
Das Problem mit den blauen Pilzen kenne ich (noch) nicht, aber ich finde und fotografiere so gefärbte auch höchst selten.
Herzliche Grüße,
Rainer
MOD
Grüß dich Rainer,tja,…
Grüß dich Rainer,
tja, Schlagschatten sind Mist. Es gibt aber schon Möglichkeiten diese in den Griff zu bekommen. Die erste ist das Arbeiten mit mindestens zwei Lichtquellen. Eine von links und eine von rechts. Die Hauptleuchte bescheint Hutunterseite und den Stiel, die zweite nur die Hutunterseite. Das mindert den Schatten schon meist sehr gut. Je größer der Aufbau desto besser das Ergebnis. Der löwengelbe Dachpilz (Sliderbild) hat 3 Stableuchten, die Arbeitsplatzleuchte, eine Flächenleuchte, einen Diffusor (ein Spring-Reflektor ohne die Reflektorhülle) und einen Klappreflektor spendiert bekommen. Aufbauzeit 40min. Das Licht ist aber wirklich weich und Schlagschattenfrei geworden. Mir ist der selbstgebaute Klappreflektor wichtig (zu sehen, im zusammengeklappten Zustand, beim Setting "Winterporling", da siehst Du auch den Diffusor). Der kann zusammengeklappt und am Boden liegend nahe an den Pilz herangeschoben werden und leuchtet die Hutunterseite auf, ohne Schlagschatten zu erzeugen.
Servus
Wolfgang
Lieber Wolfgang,vielen…
Lieber Wolfgang,
vielen herzlichen Dank für die erneut detaillierten Infos!!
Ich werde mich bzgl. des Schlagschatten-Tipps dran halten, das von dir beschriebene Lichtsetting beim Dachpilz mutet jetzt aber mich wie ein Licht-"Overkill" an :-). Allerdings spricht das Ergebnis absolut für sich: Klasse!
So einen Klappreflektor hab ich mir schon angeschafft, ebenso einen Springreflektor.....
Nochmals lieben Dank und ebensolche Grüße!
Rainer
Hallo Wolfgang,Vielen Dank…
Hallo Wolfgang,
Vielen Dank für die ausführliche „Anleitung“,
werde sie bestimmt ausprobieren sowie ich im Baumarkt Taschenlampen besorgt habe
Viele Grüße Dagmar
MOD
Grüß Dich Dagmar,ich warte…
Grüß Dich Dagmar,
ich warte schon ganz gespannt auf Deine Arbeiten. Hab viel Spaß dabei und viel Erfolg beim Pilze finden :-)
Servus
Wolfgang
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