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Makronist

Hallo Thomas, wenn nicht anders vermerkt, beziehe mich zunächst nur auf Bild 1, bzw. gebe allgemeine „Statements“ ab.

1. Optik: Das von dir erstandene Objektiv ist entworfen für

    a) ein Durchlichtmikroskop, d.h. es geht davon aus, dass das Objekt als dünner Film (z.B. eine durchsichtiger dünner Schnitt einer  medizinischen Gewebeprobe) auf einem Objektträger liegt und von HINTEN durchleuchtet wird. Darauf kommt dann ein dünnes Glasplättchen mit 0.17mm Dicke (vgl. 0.17 in der Bezeichnung, das ist Standard). Leider wollen wir aber ein AUFLICHT-Mikroskop bauen, bei dem das reflektierte Streulicht ins Objektiv trifft.

b) Es ist für unendlich korrigiert ("Infinity" in der Bezeichnung), das heißt, die CA und vor allem Schärfe ist nur dann sinnvoll, wenn die Strahlen, die ausgehend von einem Punkt in der Objektebene, hinter dem Objektiv absolut parallel austreten (schneiden sich erst im unendlichen wieder). Dazu wird aber im Tubus eine sogenannte TUBUSLINSE benötigt, die die parallelen Strahlen wieder auf einen Punkt auf dem Sensor fokussieren.

c) "Plan" steht für Planfeldoptik, und heißt im Wesentlichen, dass die Schärfeebene wirklich eine Ebene ist und keiner weiteren korrektiven Optik benötigt. Das ist gut.

d) Die numerische Apertur, das ist (vereinfacht gesagt) das Verhältnis zwischen dem (Abstand des äußeren Rands der Eintrittspupille des Objektivs zur optischen Achse) geteilt durch (den Objektbrennweite). Sie kann (zumindest in Luft) nie größer 1 werden, was man leicht einsieht. Sie beträgt in deinem Fall 0.25. Und damit hätten wir alle Parameter beisammen:

10x/0.25 gibt die die nominelle Vergrößerung bzw. die N.A. an

~/0.17 steht  für "Unendlich korrigiert" und Deckglasdicke 0.17 mm

(besser wäre hier ~/0)

Steht evtl. noch irgendwas wie f=200  (oder f=160 / f=100) oder so?

Konsequenz: Wegen a) ist das Obi ist eigentlich nur bedingt für unsere Zwecke geeignet. Wegen a) und b) ist dein Bremsenauge eigentlich nirgends richtig scharf.

Punkt b) kannst du aber noch retten, indem du in den Tubus eine Tubuslinse einfügst. Und hier liefern die die Raynox Achromaten  208 mm bzw. das 125mm ein perfektes Preis-Leistungs Verhältnis! Zudem kannst du so die Vergrößerung steuern!. Das Nähere entnimmst Du am besten folgenden Link. unter "Lens Tests". Generell ist diese Seite SEHR für Mikrofotografen zu empfehlen! Alternativ könntest du dir auch ein endlich- korrigiertes Objektiv besorgen (z.B. 160mm), ich würde dir das aber NICHT empfehlen, vor allem auch, weil du, wenn du mal ein Tubus-System hast, auf bessere moderne AUFLICHT-Optiken ausweichen kannst, und die sind generell auch auf unendlich korrigiert.

Zudem: wegen a) hast du einen sehr hohen STREULICHTANTEIL in deinem Bild. Es wirkt sehr flau, wie im vernebelt. Objektive für Durchlichtmikroskope haben in der Regel keine besondere Streulichtresistenz!

2. Stacking: Je größer die N.A., umso höher wird das Auflösungsvermögen (d.h. kann man 2 Punkte in der Objektebene voneinander trennen) Bei N.A. =0.25 hast du (bei grünem Licht, ca. 600nm Wellenlänge) eine Auflösung von ca. 2 Mikrometern, also 0.002 mm (das ist ganz brauchbar). Leider wird die Schärfentiefe jedoch ungefähr QUADRATISCH kleiner mit dem Auflösungsvermögen. Für dein Objektiv (N.A.=0.25) schätze ich mal eine Schärfentiefe von gerade mal 5 Mikrometern =0.005 mm. Um also einen halben Millimeter in der Tiefe abzubilden, benötigst du (mindestens) 100 Bilder!

Die 37 Einzelbilder sind also VIEL zu wenig, und das sieht man sehr deutlich (die konzentrischen Unschärferinge.) Erstaunlich ist, dass diese etwas unregelmäßig auftreten, evtl. ist auch deine Makroschiene nicht sehr präzise. Dies wäre aber kein wirkliches Problem, hättest du 200 (statt 37) Aufnahmen. Das ist in der Mikrofotografie leider so, das glaubt einem immer keiner [bei meinem schärfsten Objektiv (50xN.A.=0.75) habe ich eine Schärfentiefe von nur 0.5 Mikrometern, da ist man schnell mal bei einem 1000er Stack!]

Methode B, die du auch verwendet hast, ist für die Augen die einzig wahre Methode. Für die vielen Haare bei Bild 2 ist Methode C besser. Hier bietet Helicon Focus die möglichkeit, beide Methoden zu kombinieren: Man stacke zunächst mit B und C, führe ein „Nachbearbeiten“ auf das B- Ergebnis mit der Option „Anderes Ausgansbild“ vom C-Ergebnis!. Allerdings ist im Bild 2 der Kontrast sehr schlecht (wieder wegen Streulicht), sodass beide Methoden im Bereich der Flaum-Haare wohl an ihre Grenzen kommen.

3. Beleuchtung: LEDs sind schon ok, WENN man welche mit hohem CRI-Wert (RA>0.95) nimmt. Ansonsten fehlen Spektralanteile (insbesondere im roten Bereich, bei billigen LEDs), und das lässt sich mit keinem Weißabgleich mehr retten. In deinem Bild sind die wunderschönen Schillerfarben der Bremsenaugen arg flau. Eine nachträgliche Erhöhung der Farbdynamik und Verschiebung des Weißabgleichs in Richtung "blau" bringt deinem Bild allerdings einiges zurück.

Wichtig: Vor allem Streulicht vermeiden! Du hast vermutlich einen hellen (weißen Hintergrund verwendet. Dies ist ganz schlecht. Besser dunkle (auch schwarz) oder dunkelblaue Hintergründe sind brauchbar.

4. Nachbearbeitung:  Mikrobilder müssen oft aufwändig nachbearbeitet werden, da hilft alles nichts. Zunächst:

a) Auch bei hochwertigen Auflichtobjektiven ist man vor Streulicht nicht gefeit: Schwarzpunkt verschieben, evtl. „Dunst entfernen“ (bei LR), Kontrast erhöhen, Struktur erhöhen. Ruhig mal sehen was geht, man braucht häufig leider etwas mehr „Würze“  als bei normalen Fotos. Manche Mikros vertragen auch einfach mehr, ohne gleich gekünstelt oder übertrieben auszusehen.

b) Und jetzt kommt der zeitaufwändigste Teil: Die Retusche. Bei Mikrofotos hat man meist mit viel mehr Biomüll zu tun, als bei normalen Makros. Besonders wirkt sich der bei dem Betrachter aus, wenn er im Auge eines Tieres ist. Das hat mit den Spiegelneuronen des Menschen zu tun: Jeder Betrachter weiß, wie unangenehm es ist, wenn man Fremdkörper im Auge hat. Und dieses Gefühl überträgt sich vom Insekten-Foto auf den Betrachter! Also: Ausflecken! Das geht mit Photoshop – gerade bei so regelmäßigen Strukturen wie Facettenaugen erstaunlich gut und schnell! Und das Ergebnis liefert einen Unterschied wie Tag und Nacht. Glaube es mir, und probier es bei deinem Foto aus! Du wirst es nicht widererkennen! Der schmucke Wassertropfen links darf natürlich als Blickfang bleiben!

5. Bildaufbau-Gestaltung: Nach all der Technik: Die ist natürlich auch in der Mikrofotografie wichtig! Überlege dir, was du zeigen willst: Ein Portrait, ein einzelnes Auge, ein Ausschnitt aus den farbigen Facetten?  Für ersteres ist links, rechts und unten alles abgeschnitten, zweiteres geht wegen des Beschnitts auch nicht, für letzteres ist zuviel auf dem Bild!

Auch der Hintergrund will im 1. und 2. Fall gestaltet werden!

Zu Bild 3:   Leider hat man es in der Mikrofotografie oft (nicht immer!) mit toten Objekten zu tun. Ich versuche jedoch stets, die Perspektive so darzustellen, dass dem Betrachter zumindest die Illusion bleibt, mit einem lebenden Tier zu kommunizieren. Alternativ abstrahiert man das Bild durch die Wahl des Ausschnitts, so dass sich diese Frage erst gar nicht aufdrängt (z.B. große Vergrößerung: Ausschnitt aus dem Auge, oder einige Schuppen aus einem Schmetterlingsflügel usw.). Mit diesem Bild diskreditierst du die Mikrofotografen – Community.

 

Lieber Thomas, ich wollte dir in keinem Fall zu Nahe treten, im Gegenteil, freut es mich, einen Mikro-Fotografen-Mitstreiter zu haben. Es ist halt nur die Lernkurve ziemlich steil. Wenn Du das mit der Tubus-Optik hingekriegt hast (wie gesagt nicht teuer!) könntest du nahtlos in die Königsklasse einsteigen, und zwar mit einem Mitutoyo M Plan APO 10x/0.28. Das kriegst du bei ebay (weltweite Suche eingeben) für unter 500€ incl. Versand (ich empfehle Südkorea, China geht (fast) immer  auch gut, USA ist wegen Zoll und Versand oft ein Problem (geht aber auch)

 

Viele Grüße

Uli

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