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ADMIN

Hallo Manfred,

ich kann das mehr als verstehen, das mit dem "Eifer der Euphorie" - und dann ab in die Super-Vergrößerung! Es ist wirklich äußerst reizvoll, in den starken Maßstäben zu arbeiten.

Die Definition eines "Makrobereichs" ist nicht eindeutig. Die eine Definition sagt, alles zwischen 10:1 und 1:10 ist der Makrobereich, die andere Definition meint zu wissen, Makro begänne erst ab 1:1. Dann gibt es da noch den Bereich der "Lupen-Fotografie". Bei den einen fängt der schon bei 1:1 an (also da, wo wiederum bei anderen doch eigentlich der Makrobereich beginnt!), bei den anderen erst irgendwo ab 5-10:1 so bis etwa 18:1. Du siehst, hier wird super rumtheoretisiert. Eigentlich hat da keiner was davon! Deshalb würde ich hier gar keine "neue" Definition aufstellen, sondern ohne die große Zielvorgabe, in welche Vergrößerung man nun hinein möchte, vorschlagen, sich schrittweise immer größeren Abbildungsmaßstäben anzunähern. Das ist der Garant für Makrofoto-Freuden!


Focus-Stacking:

Zur Technik des Focus-Stackings hat Valentin einen anschaulichen Artikel hier bei Makrotreff eingestellt:

Focus-Stacking leicht gemacht

Ich weiß nicht, ob sich Deine Frage auf die Technik des Focus-Stackings bezieht. Wenn ja, wirst Du hier alles dazu finden.

Zur Praxis und damit zum Einsatz des Focus-Stackings:

Es ist durchaus möglich, lebende Insekten mittels Focus-Stacking abzubilden. Viele, wenn nicht sogar die meisten der Fotos, die Du so im Internet findest und die Du ansprichst, sind wahrscheinlich tatsächlich von "lebenden" Insekten. Das Entscheidende ist, dass sich die Insekten nicht bewegen! Schaue Dir die Aufnahmen genau an: Die Tiere sitzen still! Sehr häufig werden die frühen Morgenstunden genutzt, wenn die Tiere klamm und Tau-behangen irgendwo an Halmen sitzen und darauf warten, dass die Sonne aufgeht, sie wärmt, und dann erst der eigentliche Tag für sie losgeht. Ich nenne das aufgrund der sich wiederholenden und damit etwas eingeschränkten Bildaussage schonmal gerne unterkühlte Tiere mit Tautropfen, die darauf warten, von der Sonne "zurück ins Leben gerufen" zu werden. Oder sie sitzen einfach so irgendwo reglos rum, sodass sie "gestackt" werden können. Dann weisen sie diesen großen Tiefenschärfenbereich auf.

Es ist nicht möglich, Fotos von sich bewegenden Insekten zu stacken. So sind beispielsweise die Fotos der Geschichte "INSEL-LEBENSRÄUME - Mini-Eldorados für Makronisten" nicht gestackt. Bei den meisten der Fotos von der Heuschreckensandwespe bewegt sich die Wespe, teilweise ordentlich stark! Das siehst Du zum Beispiel am fliegenden Sand. Die Fotografie solcher Situationen ermöglicht natürlich erst die tiefen Einblicke in die Verhaltensweisen unserer Insekten. Vielleicht kommt ja mal irgendwann eine Technik auf den Markt, die hierbei hilfreich ist. Zur Zeit müssen diese Hürden noch mit der guten, alten, "handgemachten" Methode gelöst werden: die optimale Wahl und Platzierung der fotografischen "Ur-Elemente" Blende und Zeit! Die gelten schon seit Anbeginn des fotografischen Zeitalters - unverändert. Focus-Tracking kommt nun durch die Hintertüre und kratzt da ein wenig dran rum :-), sprich: versucht, hier ein wenig auszutricksen, und das mit Erfolg - aber eben auch mit Grenzen.

Nachtrag: Ich sehe gerade, dass Dirk ("der-photowerker") Dir nahezu zeitgleich einen Kommentar geschrieben hat. Ich stimme ihm zu, insbesondere auch zu seinem letzten Gedanken - ein guter Hinweis! Unterschätze nicht den Ausschuss, der beim Stacken entsteht und nirgendwo gezeigt wird.


Fotografieren jenseits von 1:1

Natürlich ist es nicht ganz einfach, in großen Abbildungsmaßstäben sich bewegende Objekte zu fotografieren. Aber es geht - Gott sei Dank!

Eine größere Herausforderung hierbei besteht im Scharfstellen: Es dauert erst schon einmal ein wenig, bis man überhaupt den Schärfepunkt so in etwa platziert hat. Bewegt sich dann das begehrte Makro-Wesen, ist besagter schon wieder weg, und man fängt von vorne an. Darüber kann man schon mal den "Wolf" kriegen! Und im ungünstigsten Fall kann es geschehen, dass nach unzählbar vielen Versuchen die Einsicht Oberhand gewinnt, hier walte dieselbe Sinnlosigkeit, mit der Hunde versuchen, ihre Schwänze zu fangen. Das trifft in besonderem Maße dann zu, wenn man jedes mal auch noch ein Stativ verrücken muss, einen Makroschlitten vor- und zurückkurbelt oder mit dem Balgengerät anfängt, Ziehhamonika zu spielen!

Aus diesem Grunde setzte ich äußerst selten ein Stativ ein, noch seltener einen Makroschlitten. Nahezu alle Fotos, die Du von mir siehst, sind ohne diese beiden Teile gemacht worden, also freihand. Und während der Aufnahme kurbel ich auch nicht am Balgengerät herum. Das mache ich vor der Aufnahme!
Würde ich mit Stativ arbeiten, hätte ich genau die Probleme, die Du in Deiner Frage ansprichst.

Ich weiß, dass viele Makronisten häufig oder sogar ausschließlich mit Stativ arbeiten. Das hat natürlich auch seine Vorteile. Und wenn man das lange genug übt, wird man hier sicherlich auch richtig gut und schnell(er). Ich habe mir recht schnell angewöhnt, ohne zu arbeiten. Eine Voraussetzung hierfür ist natürlich eine nicht zu lange Belichtungszeit. Und da es gerade bei den sehr großen Abbildungsmaßstäben meist von Vorteil ist, Blitzlicht einzusetzen, übernimmt damit die Leuchtdauer dieses Blitzlichtes die tatsächlich wirksame Belichtungszeit - und die lässt sich gut mit der Hand halten.

Die Vorgehensweise ist dann folgende: Vor dem "Hochheben" der Kamera ans Auge die Auszugsverlängerung (Makroobjektiv-Einstellung, Balgengerät-Auszug oder Anzahl der Zwischenringe) festlegen und einstellen. Damit hat man dann in erster Linie die Vergrößerung (also den Abbildungsmaßstab) festgelegt. Dann mit der ganzen Apparatur ans Auge gehen und mit dem gesamten Kopf mit Kamera davor langsam in Richtung "Model" gehen - bis es scharf ist, besser gesagt: bis der Schärfepunkt exakt an der richtigen Stelle liegt. Und dann lässt Du ruck-zuck das Vögelchen fliegen! Der Rest ist, wie so oft im Leben, eine Frage der Übung! 

TIPP:   Fange auch hier erst mal an, unbewegte Objekte zu fotografieren. Wende dabei genau die oben beschriebene Methode an - selbst auch dann, wenn Du für den Einsatz eines Stativs ausreichend Zeit (z.B. Urlaub) und Raum (z.B. einen Tanzsaal) hast. Dann bekommst Du allmählich ein Gefühl für ein solches Arbeiten.

Hier siehst Du zwei Beispielbilder, die - jenseits von 1:1 - freihand so entstanden sind, wie oben beschrieben, mit den dazugehörigen Bilddaten:

Blüte des Gewöhnlichen Reiherschnabels (Erodium cicutarium)

Olympus E-M1; Olympus Zuiko 38mm f/2.8 Lupenobjektiv am Balgengerät; ISO 100; Blende 5.6; Zangenblitz;
Abbildungsmaßstab 6:1, freihand

 

Kaukasusvergissmeinnicht-Blüte (Brunnera macrophylla)

Olympus E-M1; Olympus Zuiko 38mm f/2.8 Lupenobjektiv am Balgengerät; ISO 100; Blende 5.6; Zangenblitz;
Abbildungsmaßstab 4:1, freihand

Und wenn Du dann ein wenig Übung hast, kannst Du Dich erfolgreich bewegten Vertretern der faszinierenden Krabbelwelt nähern:

Larve des Distel-Schildkäfers (Cassida rubiginosa) mit Kotmaske (auf Stachel aufgespießte Exkremente über dem Körper).

Olympus E-M1; Sigma 105mm f/2.8 Makro + Zwischenring; ISO 200; Blende 8.0; Zangenblitz; Abbildungsmaßstab 2,5:1, freihand

Der Bursche misst satte 4 mm - und läuft gerade schräg auf die Kamera zu. Mit ein wenig Übung erwischst Du mit der Schärfe genau den Kopf.

Auch das ist noch eine recht langsame Bewegung, dennoch braucht man eben ein wenig Übung. Aber auf diese Weise entstehen dann Fotos von sich bewegenden Motiven mit entsprechender Aussagekraft.

In diesem Sinne weiterhin "Gut Licht",

Roland

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