ich fange mal einen neuen Kommentar-Block an, ansonsten wird das alles ein wenig schwer lesbar wegen der schmaler werdenden Spaltenbreite.
Ja, das mit "Fastnacht in Franken 2018" in den Mainfrankensälen in Veitshöchheim habe ich mitbekommen. Und obwohl ich als Rheinländer nun wirklich ´ne sehr offene Humorader habe, sehe ich zunehmend in dieser Art von Problem-Handhabe eher einen negativen Effekt. Da wird – wie hier in dem Beispiel – mal ordentlich über den Landwirtschafts-Schmidt hergezogen, dann gut gelacht, und ab zum nächsten Thema. Wenn man gesehen hat, mit welcher selbstherrlichen Genugtuung andere Parteikollegen von Christian Schmidt in Veitshöchheim anwesend waren und dieses Spiel mitspielen, dann wird einem trotz des "tollen Humors" irgendwie anders. Es gehört also mittlerweile zum miesen Spiel dazu – eben wie früher der Hofnarr zum Hofe. Auch er hat den seinerzeitigen Niedergang der Adels-Dekadenz nicht verhindern können.
In vier Wochen habe ich eine Veranstaltung ebenfalls in den Mainfrankensälen Veitshöchheim. Bin gespannt, wie sich dann die Energie zum gleichen Thema anfühlen wird...
Zu den Schulsystemen:
In den Schulsystemen wird nicht speziell über Insekten gelehrt. Das ginge vielleicht auch etwas zu weit, ist aber auch nicht nötig.
Das Problem liegt vielmehr darin, dass über mehrere Jahrzehnte der Stellenwert des Fachs Biologie deutlich abgebaut wurde. Dies zeigt sich bereits in den neuen Begrifflichkeiten: Es heißt in den Gymnasien nicht mehr Biologie, sondern Natur und Technik. Überlege mal, wie stark der Mensch hinter dem Wort Technik steht. Die Biologie dagegen ist eine reine Grundlagenwissenschaft. Auch in Grundschulen wurde die Bedeutung von Biologie im Sinne von Wald- und Wiesenbiologie immer mehr abgebaut.
Dann hat man dies vor etwa 20 Jahren erkannt. Was passierte? Ich schildere mal ein Beispiel aus Bayern (in anderen Bundesländern gibt es ähnliche Geschichten zuhauf):
Man verankerte die Biologie wieder mit mehr Gewicht in die Lehrpläne von Grundschule und Gymnasien. Konkret die Themenbereiche Hecke und Wald sollten verstärkt Eingang in die schulische Lehre finden.
Nun konnte man das zwar in die Lehrpläne aufnehmen, aber damit ist noch lange nicht sichergestellt, dass dies auch erfolgreich gelehrt wurde. Denn ein Großteil die Lehrer hatten sich mittlerweile ebenfalls völlig von der Biologie entfremdet. Was der Lehrer nicht weiß, kann er nicht lehren, auch nicht, wenn´s im Plan steht.
Ich war seinerzeit Revierförster. Scharenweise kamen Lehrer gelaufen und baten mich, ob ich diesen Teil der schulischen Ausbildung nicht übernehmen könne. Begründung: Die Lehrer kannten beispielsweise selbst (mehr) nicht die verschiedenen Pflanzen in der heimischen Hecke, geschweige denn die Insekten. Das Gleiche traf auf die Ökologie des Waldes zu. Dies kommunizierten sie auch offen.
Ich lief also jahrelang mit Grundschul- und Gymnasialklassen in der Pampa herum und "unterrichtete" das, was die Lehrer nicht unterrichten konnten. Nach einigen Jahren erkannten dann Schulämter und Ministerien dieses "Problem". Es wurde daraufhin ein wirklich sehr gutes Projekt beschlossen: Kultus- und Umweltministerium setzten sich zusammen und entwickelten einen sehr aufwändigen Lernordner für Lehrer der Schulen Bayerns. Sein Name ist Tiere life.
Er enthält zu verschiedenen Tiergruppen und Lebensräumen Übersichten und Arbeitsmaterialien. Jede Bayerische Schule (!) bekam diesen Ordner kostenlos zum Verbleib – für die Lehrer. Die schauten aber nicht in den Ordner rein, zumindest nicht ausreichend, dass jedes Kind dann davon profitieren konnte.
Nächster Schritt: Die Ministerien boten Tiere-life-Einführungs- und Lernkurse für Lehrer, die sich in den Schulen dafür zur Verfügung stellen, an, logischerweise kostenlos, ist ja deren Job. Die wurden aber viel zu wenig angenommen, weil – das sagten zumindest viele Lehrer – dafür keine Zeit mehr im Lehralltag der Schulen ist.
Ende der Geschichte: Heute steht der Wille zu mehr Biologie immer noch in den Lehrplänen, der Ordner in den Schränken der Schulen. Sein Inhalt kommt aber immer noch nicht in ausreichendem Maße bei den Kindern an.
[Mir ist dies alles bekannt, weil ich bei diesem Ordner mitgearbeitet habe.]
Das gleiche bei den Studiengängen: Reine Biologie- und Ökologie-Lehrstühle wurden und werden zunehmend abgebaut, an ihre Stelle traten und treten Lehrstühle wie Landschaftspflege, Landschaftsarchitektur u.a. Auch hier wieder: Pflege, Architektur. Der Mensch rückt immer mehr in den Vordergrund bei der Betrachtung der Natur, die Grundlagenwissenschaft geht immer weiter zurück.
Genau das wird allmählich zu einem sehr großen Problem. Nicht nur der Kenntnisstand in der breiten Bevölkerung geht zurück, auch die Biologie-Fachleute sterben aus – mit der bösen Folge, dass es kaum noch Menschen gibt, die wissenschaftlich korrekt feststellen können, wie stark und folgenreich tatsächlich der Biodiversitätsverlust ist. Hierzu gibt es ein gewichtiges Gutachten aus dem Jahr 2014, das ich in der MAKROTREFF Nr. 5 auf Seite 59 kurz vorgestellt habe, *1.
Noch ein paar Sätze zur Zukunft der landwirtschaftlichen Ausrichtung:
Du sprichst es oben schon selbst an: Um ernsthaft (!) den Anforderungen des Biodiversitäts-Erhalts gerecht zu werden, reicht es überhaupt nicht aus, an kleinen Schräubchen zu drehen. Will man hier wirklich die notwendige Veränderung erreichen, müssen komplette Systeme geändert werden, von Grund auf. Warum? Hierzu ein Beispiel:
Die heutige Landwirtschaft funktioniert nach dem Prinzip, dass der Landwirt auf der Produktionsfläche den größtmöglichen Gewinn herausholt. Ende, das ist alles, das war´s! Alles, was dem entgegen steht, also zu Einbußen bei der Gewinnerzielung führt, wird "entschädigt". Das ist der Begriff. Man spricht hier also von "Schaden". Maßnahmen im Sinne von Naturschutz, anders ausgedrückt, der Schutz von Pflanzen und Tieren, ist ein "Schaden", der "entschädigt" wird. Das muss man sich wirklich mal in aller Gemütsruhe auf der Zunge zergehen lassen! So wird unser Umgang mit der Natur benannt, so wird er gefühlt, so wird er gesehen. Tiere nicht zu töten, Pflanzen nicht zu vergiften, ist ein Schaden! Handlungen, die dieses Töten und Vergiften einschränken, werden mit öffentlichen Mitteln gefördert! Dafür gibt es Geld. Geld, nicht zu töten und zu vergiften. Anstatt das Töten und Vergiften zu bestrafen, wird das Nicht-Töten und Nicht-Vergiften belohnt. Daraus resultiert: Töten und Vergiften ist normal! Und das entspricht alleine der Wahrheit. Das spiegelt sich in der gesamten landwirtschaftlichen Praxis wider. Und das entspricht damit auch der gesamten Naturschutz-Praxis. Auf dieser Logik basieren sämtliche Förder- und Entschädigungsprogramme, die vom amtlichen Naturschutz verwaltet und ausgeschüttet werden. Ein eigentlich perfides Spiel zwischen Zerstörung und Bewahrung – unterm Strich erfolgloser Bewahrung, weil gerade vieles zusammenbricht.
Dieses kleine Beispiel verdeutlicht, wie falsch, wie (ver)rückt unser landwirtschaftliches System ist. Hier muss sehr viel geändert werden. Es ließen sich unzählig viele andere Ansätze anfügen.
Und nun dürfen wir nicht in die nächste Falle tappen: Nicht wir müssen den Landwirten sagen, wie sie es machen sollen! Das sollen sie selber sagen, selber erforschen, selber neue Systeme entwickeln, die nicht auf einem solchen Wahnsinn fussen. Dafür haben sie die Ausbildung, da sind sie viel kompetenter als andere Bürger, ehrenamtliche Naturschützer in Vereinen, Biologen oder Landschaftspfleger.
Die Landwirtschaft sagt sofort, wenn sie so etwas hört oder liest, was ich hier schreibe: "Dann sag uns, wie wir es machen sollen!" Und was tut "der Naturschutz" seit Jahrzehnten? Sie machen genau das. Da entwickeln Biologen, Landschaftspfleger oder Naturinteressierte Konzepte, wie die Landwirte es besser machen könnten/sollten. Hallo, was ist das denn? Hat Angela Merkel den Autokonzernen ein neues Abgas-Konzept für ihre Dieselstinker entwickelt und vorgelegt? Ordnerweise Konstruktionspläne zu VW, Audi und Co. getragen mit ihren neuen Entwürfen für saubere Motoren, die die Autokonzerne dann nur noch produzieren müssen? Das würde kein Mensch verlangen. Der Auftrag lautete: Macht ihr das gefälligst besser (ob und wann das geschieht sei dahingestellt)!
Aber "der Naturschutz" meint mal wieder im vorauseilenden Gehorsam, er müsse nun diese neuen landwirtschaftlichen Konzepte erstellen. Das tut er seit Jahrzehnten – erfolglos! Nein, es müsste lauten:
STOPP! Hört ab sofort auf, alles zu töten! Entwickelt selbst neue Konzepte, wie ihr nun zukünftig ohne diese extreme Vernichtung aller Lebewesen Nahrungsmittel produziert!
Das sollte jedoch sehr schnell erfolgen, denn die Landwirtschaft ist gerade dabei, einen so großen Schaden anzurichten, dass Umkehrungen bald nicht mehr möglich sind. Denn ökologische Systeme kollabieren nicht linear sondern exponentiell, d.h. ihr Niedergang fängt langsam an, wird allmählich stärker und kommt dann plötzlich an einen Punkt, an dem der Zusammenbruch beginnt und sich fortsetzt, selbst dann, wenn die Ursachen für denselben sofort beseitigt werden. Das ist der berühmte point of no return.
Deswegen: Wir haben keine Zeit mehr!
Ja, das sind sehr interessante Themen, aber auch sehr schwere. Viele Menschen wollen sich deshalb damit nicht konfrontieren und wählen die Verdrängung oder gar Leugnung. Anscheinend ist das bei Dir anders, Sigi...
Lieber Gruß,
Roland
Quellen:
*1 Erosion der Artenkenner; Frobel K. & Schlumprecht, H. (2014)
Hallo Sigi,…
Hallo Sigi,
ich fange mal einen neuen Kommentar-Block an, ansonsten wird das alles ein wenig schwer lesbar wegen der schmaler werdenden Spaltenbreite.
Ja, das mit "Fastnacht in Franken 2018" in den Mainfrankensälen in Veitshöchheim habe ich mitbekommen. Und obwohl ich als Rheinländer nun wirklich ´ne sehr offene Humorader habe, sehe ich zunehmend in dieser Art von Problem-Handhabe eher einen negativen Effekt. Da wird – wie hier in dem Beispiel – mal ordentlich über den Landwirtschafts-Schmidt hergezogen, dann gut gelacht, und ab zum nächsten Thema. Wenn man gesehen hat, mit welcher selbstherrlichen Genugtuung andere Parteikollegen von Christian Schmidt in Veitshöchheim anwesend waren und dieses Spiel mitspielen, dann wird einem trotz des "tollen Humors" irgendwie anders. Es gehört also mittlerweile zum miesen Spiel dazu – eben wie früher der Hofnarr zum Hofe. Auch er hat den seinerzeitigen Niedergang der Adels-Dekadenz nicht verhindern können.
In vier Wochen habe ich eine Veranstaltung ebenfalls in den Mainfrankensälen Veitshöchheim. Bin gespannt, wie sich dann die Energie zum gleichen Thema anfühlen wird...
Zu den Schulsystemen:
In den Schulsystemen wird nicht speziell über Insekten gelehrt. Das ginge vielleicht auch etwas zu weit, ist aber auch nicht nötig.
Das Problem liegt vielmehr darin, dass über mehrere Jahrzehnte der Stellenwert des Fachs Biologie deutlich abgebaut wurde. Dies zeigt sich bereits in den neuen Begrifflichkeiten: Es heißt in den Gymnasien nicht mehr Biologie, sondern Natur und Technik. Überlege mal, wie stark der Mensch hinter dem Wort Technik steht. Die Biologie dagegen ist eine reine Grundlagenwissenschaft. Auch in Grundschulen wurde die Bedeutung von Biologie im Sinne von Wald- und Wiesenbiologie immer mehr abgebaut.
Dann hat man dies vor etwa 20 Jahren erkannt. Was passierte? Ich schildere mal ein Beispiel aus Bayern (in anderen Bundesländern gibt es ähnliche Geschichten zuhauf):
Man verankerte die Biologie wieder mit mehr Gewicht in die Lehrpläne von Grundschule und Gymnasien. Konkret die Themenbereiche Hecke und Wald sollten verstärkt Eingang in die schulische Lehre finden.
Nun konnte man das zwar in die Lehrpläne aufnehmen, aber damit ist noch lange nicht sichergestellt, dass dies auch erfolgreich gelehrt wurde. Denn ein Großteil die Lehrer hatten sich mittlerweile ebenfalls völlig von der Biologie entfremdet. Was der Lehrer nicht weiß, kann er nicht lehren, auch nicht, wenn´s im Plan steht.
Ich war seinerzeit Revierförster. Scharenweise kamen Lehrer gelaufen und baten mich, ob ich diesen Teil der schulischen Ausbildung nicht übernehmen könne. Begründung: Die Lehrer kannten beispielsweise selbst (mehr) nicht die verschiedenen Pflanzen in der heimischen Hecke, geschweige denn die Insekten. Das Gleiche traf auf die Ökologie des Waldes zu. Dies kommunizierten sie auch offen.
Ich lief also jahrelang mit Grundschul- und Gymnasialklassen in der Pampa herum und "unterrichtete" das, was die Lehrer nicht unterrichten konnten. Nach einigen Jahren erkannten dann Schulämter und Ministerien dieses "Problem". Es wurde daraufhin ein wirklich sehr gutes Projekt beschlossen: Kultus- und Umweltministerium setzten sich zusammen und entwickelten einen sehr aufwändigen Lernordner für Lehrer der Schulen Bayerns. Sein Name ist Tiere life.
Er enthält zu verschiedenen Tiergruppen und Lebensräumen Übersichten und Arbeitsmaterialien. Jede Bayerische Schule (!) bekam diesen Ordner kostenlos zum Verbleib – für die Lehrer. Die schauten aber nicht in den Ordner rein, zumindest nicht ausreichend, dass jedes Kind dann davon profitieren konnte.
Nächster Schritt: Die Ministerien boten Tiere-life-Einführungs- und Lernkurse für Lehrer, die sich in den Schulen dafür zur Verfügung stellen, an, logischerweise kostenlos, ist ja deren Job. Die wurden aber viel zu wenig angenommen, weil – das sagten zumindest viele Lehrer – dafür keine Zeit mehr im Lehralltag der Schulen ist.
Ende der Geschichte: Heute steht der Wille zu mehr Biologie immer noch in den Lehrplänen, der Ordner in den Schränken der Schulen. Sein Inhalt kommt aber immer noch nicht in ausreichendem Maße bei den Kindern an.
[Mir ist dies alles bekannt, weil ich bei diesem Ordner mitgearbeitet habe.]
Das gleiche bei den Studiengängen: Reine Biologie- und Ökologie-Lehrstühle wurden und werden zunehmend abgebaut, an ihre Stelle traten und treten Lehrstühle wie Landschaftspflege, Landschaftsarchitektur u.a. Auch hier wieder: Pflege, Architektur. Der Mensch rückt immer mehr in den Vordergrund bei der Betrachtung der Natur, die Grundlagenwissenschaft geht immer weiter zurück.
Genau das wird allmählich zu einem sehr großen Problem. Nicht nur der Kenntnisstand in der breiten Bevölkerung geht zurück, auch die Biologie-Fachleute sterben aus – mit der bösen Folge, dass es kaum noch Menschen gibt, die wissenschaftlich korrekt feststellen können, wie stark und folgenreich tatsächlich der Biodiversitätsverlust ist. Hierzu gibt es ein gewichtiges Gutachten aus dem Jahr 2014, das ich in der MAKROTREFF Nr. 5 auf Seite 59 kurz vorgestellt habe, *1.
Noch ein paar Sätze zur Zukunft der landwirtschaftlichen Ausrichtung:
Du sprichst es oben schon selbst an: Um ernsthaft (!) den Anforderungen des Biodiversitäts-Erhalts gerecht zu werden, reicht es überhaupt nicht aus, an kleinen Schräubchen zu drehen. Will man hier wirklich die notwendige Veränderung erreichen, müssen komplette Systeme geändert werden, von Grund auf. Warum? Hierzu ein Beispiel:
Die heutige Landwirtschaft funktioniert nach dem Prinzip, dass der Landwirt auf der Produktionsfläche den größtmöglichen Gewinn herausholt. Ende, das ist alles, das war´s! Alles, was dem entgegen steht, also zu Einbußen bei der Gewinnerzielung führt, wird "entschädigt". Das ist der Begriff. Man spricht hier also von "Schaden". Maßnahmen im Sinne von Naturschutz, anders ausgedrückt, der Schutz von Pflanzen und Tieren, ist ein "Schaden", der "entschädigt" wird. Das muss man sich wirklich mal in aller Gemütsruhe auf der Zunge zergehen lassen! So wird unser Umgang mit der Natur benannt, so wird er gefühlt, so wird er gesehen. Tiere nicht zu töten, Pflanzen nicht zu vergiften, ist ein Schaden! Handlungen, die dieses Töten und Vergiften einschränken, werden mit öffentlichen Mitteln gefördert! Dafür gibt es Geld. Geld, nicht zu töten und zu vergiften. Anstatt das Töten und Vergiften zu bestrafen, wird das Nicht-Töten und Nicht-Vergiften belohnt. Daraus resultiert: Töten und Vergiften ist normal! Und das entspricht alleine der Wahrheit. Das spiegelt sich in der gesamten landwirtschaftlichen Praxis wider. Und das entspricht damit auch der gesamten Naturschutz-Praxis. Auf dieser Logik basieren sämtliche Förder- und Entschädigungsprogramme, die vom amtlichen Naturschutz verwaltet und ausgeschüttet werden. Ein eigentlich perfides Spiel zwischen Zerstörung und Bewahrung – unterm Strich erfolgloser Bewahrung, weil gerade vieles zusammenbricht.
Dieses kleine Beispiel verdeutlicht, wie falsch, wie (ver)rückt unser landwirtschaftliches System ist. Hier muss sehr viel geändert werden. Es ließen sich unzählig viele andere Ansätze anfügen.
Und nun dürfen wir nicht in die nächste Falle tappen: Nicht wir müssen den Landwirten sagen, wie sie es machen sollen! Das sollen sie selber sagen, selber erforschen, selber neue Systeme entwickeln, die nicht auf einem solchen Wahnsinn fussen. Dafür haben sie die Ausbildung, da sind sie viel kompetenter als andere Bürger, ehrenamtliche Naturschützer in Vereinen, Biologen oder Landschaftspfleger.
Die Landwirtschaft sagt sofort, wenn sie so etwas hört oder liest, was ich hier schreibe: "Dann sag uns, wie wir es machen sollen!" Und was tut "der Naturschutz" seit Jahrzehnten? Sie machen genau das. Da entwickeln Biologen, Landschaftspfleger oder Naturinteressierte Konzepte, wie die Landwirte es besser machen könnten/sollten. Hallo, was ist das denn? Hat Angela Merkel den Autokonzernen ein neues Abgas-Konzept für ihre Dieselstinker entwickelt und vorgelegt? Ordnerweise Konstruktionspläne zu VW, Audi und Co. getragen mit ihren neuen Entwürfen für saubere Motoren, die die Autokonzerne dann nur noch produzieren müssen? Das würde kein Mensch verlangen. Der Auftrag lautete: Macht ihr das gefälligst besser (ob und wann das geschieht sei dahingestellt)!
Aber "der Naturschutz" meint mal wieder im vorauseilenden Gehorsam, er müsse nun diese neuen landwirtschaftlichen Konzepte erstellen. Das tut er seit Jahrzehnten – erfolglos! Nein, es müsste lauten:
STOPP! Hört ab sofort auf, alles zu töten! Entwickelt selbst neue Konzepte, wie ihr nun zukünftig ohne diese extreme Vernichtung aller Lebewesen Nahrungsmittel produziert!
Das sollte jedoch sehr schnell erfolgen, denn die Landwirtschaft ist gerade dabei, einen so großen Schaden anzurichten, dass Umkehrungen bald nicht mehr möglich sind. Denn ökologische Systeme kollabieren nicht linear sondern exponentiell, d.h. ihr Niedergang fängt langsam an, wird allmählich stärker und kommt dann plötzlich an einen Punkt, an dem der Zusammenbruch beginnt und sich fortsetzt, selbst dann, wenn die Ursachen für denselben sofort beseitigt werden. Das ist der berühmte point of no return.
Deswegen: Wir haben keine Zeit mehr!
Ja, das sind sehr interessante Themen, aber auch sehr schwere. Viele Menschen wollen sich deshalb damit nicht konfrontieren und wählen die Verdrängung oder gar Leugnung. Anscheinend ist das bei Dir anders, Sigi...
Lieber Gruß,
Roland
Quellen:
*1 Erosion der Artenkenner; Frobel K. & Schlumprecht, H. (2014)