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ADMIN

Warum sterben die Fichten (Kiefern)?

Hallo Gabi,

sieht furchtbar aus.

Allerdings liegt der erste "Fehler" hier deutlich in der Vergangenheit. Kiefern und insbesondere Fichten stellen in diesen Wäldern, von denen Du sprichst, biologisch gesehen eine sogenannte Fehlbestockung dar. Von Natur aus wären sie in diesen Regionen überhaupt nicht zu finden. Aufgrund der klimatischen Bedingungen sind ihnen hier beispielsweise Buchen, Eichen oder Hainbuchen stark überlegen. Das liegt an deren besserer Konkurrenzfähigkeit auf diesen Standorten. Insbesondere bezüglich Wasser (Trockenheit!) und Standortfestigkeit (Fichten = Flachwurzler – Sturm!) sind sie vor allem der Fichte klar überlegen.

Dies hatte die Natur über viele Jahrtausende erkannt und über den Regulator "Evolution" auch erfolgreich gelenkt. Nur der Mensch meinte, er könne es besser. Er hat diese Gegebenheiten missachtet und Fichten (Kiefern) überall dort hingepflanzt, wo er sie gerne aus wirtschaftlichen Gründen (was sonst?!) haben wollte. Und das war fast überall.

Nun, wo sich das Klima in Richtung Trockenheit und Stürme ändert, sind es natürlich diese Baumarten, die als erstes die Segel streichen – weil sie vorher bereits bezüglich genau dieser Faktoren Schwächen zeigten und deshalb von der Natur hier nicht "zugelassen" wurden. Der Mensch hat somit instabile Wälder geschaffen. Was Du also dort vor Deiner Haustüre siehst, ist nicht nur die Folge eines sich verändernden Klimas, sondern auch des Ergebnis äußerst anfälliger Wälder. Hier kommen also zusätzlich zum Klimawandel auch noch die Folgen früherer menschlicher Ignoranz gegenüber der Natur zum Vorschein.

Fichten beispielsweise kommen von Natur aus (und damit als Ergebnis begründeter evolutiver Lenkung) hier bei uns in Deutschland ausschließlich im Alpenraum (und hier erst ab einer bestimmten Höhe) und auf sehr wenigen Sonderstandorten wie beispielsweise Mooren (v.a. Flachmoore) vor. Hier wird sofort erkennbar, dass diese Standorte sehr wasserreich sind. Warum wohl fühlt sich die Fichte dort wohl? Sicherlich nicht wegen Trockenheit...!

Tja, und der Borkenkäfer tut nur das, was er tun kann: Seine Hauptmalzeit, die Fichte, schwächelt (je nach Borkenkäferart auch die Kiefern – es gibt viele verschiedene Borkenkäferarten), und er setzt sich an den gedeckten Tisch. Er ist also damit nur die Folge der Folge, an deren Anfang menschliche Ignoranz steht.

Interessant: Nach wie vor pflanzen insbesondere viele Waldbauern (also private Waldbesitzer) auf ihren Waldböden Fichten an, die Ignoranz lebt also fort.
Dies liegt meiner Erfahrung nach daran, dass viele Waldbauern (so werden private Waldbesitzer genannte) von Ihrer Denke her Bauern sind. Und Bauern denken – ähnlich wie Politiker – in kurzen Zeiten. Sie denken und fühlen in geschlossenen Wirtschaftskreisläufen von maximal einem Jahr. Das ist der Turnus draußen auf den Feldern: das Feld im Jahresverlauf – wobei zwischen Saat und Ernte bei heutigen Sorten in der Regel nur noch wenige Monate liegen (häufig noch kürzere Abstände). Und so, wie die meisten Politiker nicht über eine Legislaturperiode hinaus denken, bewegen sich viele Bauern auch nur innerhalb ihrer zeitlich getakteten Sichtweise. Da kann es schonmal passieren, dass man Kreisläufe beim Waldwachstum mit Kreisläufen in der Landwirtschaft verwechselt...

Was den Klimawandel und seine Folgen als letztes überlebt, ist die Ignoranz der Menschen.

Liebe Grüße,

Roland

[Übrigens: Borkenkäfer sind super interessante Makromotive – allerdings nicht ganz einfach zu fotografieren.]

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