"Die letzten Mohikaner" - Zum Saisonende im Garten!

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"Die letzten Mohikaner" - Zum Saisonende im Garten!

Mo., 24/10/2016 - 11:03
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Der Sommer ist vorbei, das Jahr neigt sich zum Ende. Draußen wird es immer früher dunkel - und immer kälter. Ruhe legt sich über die Landschaft.

Genau diese Stimmung spiegeln auch die wenigen Insekten und Spinnen wieder, die (noch) unterwegs sind. Es ist tatsächlich nicht so, dass jetzt, so kurz vor Novemberbeginn, draußen nichts mehr los ist. Sobald ein Sonnenstrahl zwischen den Wolken hervorkommt, spüren viele Kleintiere diesen begehrten Hauch von Wärme und zeigen sich.

Das ist eine schöne Zeit, nochmals die Kamera herauszuholen. Es herrscht zwar bei den Insekten und Spinnen nicht mehr die Geschäftigkeit und Erregung, wie wir sie im Frühjahr und Sommer beobachten und fotografieren können. Schließlich sind Werbung und Brutgeschäft weitestgehend abgeschlossen. Dafür lassen sich die kleinen Burschen aber recht einfach fotografieren. Die Sonneneinstrahlung ist gerade stark genug, um sie aus ihren Verstecken hervorzulocken. Sie setzen sich dann gerne auf sonnenbeschienene Pflanzenteile, um möglichst viel Wärme aufzunehmen. Meist reicht die geringe Strahlungswärme aber kaum aus zu großen Flügen - aber auch nicht zu hektischen Fluchten. Und das ist die Chance des Makronisten!

Die Tage von Mitte Oktober bis Mitte November (oder auch länger!) bieten sich an, entsprechend der jahreszeitlichen Stimmung draußen "ruhige" Makrofotos von Insekten und Spinnen zu machen. Mit einfacher Ausrüstung (einfache Kamera, einfaches Makroobjektiv, Zwischenringe, Vorsatzlinse oder ähnliches) lassen sich nun stimmungsvolle Fotos von Tieren bei der Tätigkeit fotografieren, der sie jetzt typischerweise nachgehen: rumsitzen, dösen und sich wärmen - genau das gleiche, was wir Menschen nach einem hektischen Sommer nun auch machen sollten!

Die kleinen Fliegen, Wespen, Wanzen und Spinnen tauchen überall auf - sobald die Sonne erscheint. Ihr müsst sie nur finden! Und das ist gar nicht so einfach, weil sie mehr oder weniger regungslos - ja, eben rumsitzen und dösen! Habt Ihr sie entdeckt, lassen sie sich häufig sehr gut fotografieren, weil sie - ja, eben rumsitzen und dösen!

Ich bin gestern und in der vergangenen Woche jeweils einmal etwa eine halbe Stunde in den Garten gegangen, angelockt von einem durchbrechender Sonnenstrahl. Ich nahm die Kamera mit, bestückt mit einem Makroobjektiv, und setzte mich vor eine kleine Fläche von knapp zwei Quadratmetern. Hier wuchs eine Buschmalve - sich vergeblich abmühend, ihre letzten abblühenden lila Blüten in Richtung Sonne zu strecken. Mit Regentropfen bedeckt, hingen sie zu schwer an erschlaffenden Trieben. Unter der Malve verfärbten sich die Blätter des Balkan-Storchschnabels allmählich gelb und rot. Und schräg neben der Malve, wo ein kleiner Hang aufsteigt, standen an dessen Fuß die sich allmählich zurückziehenden filzigen Blattrosetten des Woll-Ziests.

Diese drei Pflanzen beobachtete ich - und entdeckte sie, die letzten Mohikaner: beim Rumsitzen und Dösen!  


Ich stelle ein paar der hierbei entstandenen Fotos ein - nichts Besonderes, nichts super Spektakuläres. Es sind einfache Bilder, ganz ruhig, ganz entspannt - ganz herbstlich eben. Und so, wie sie Jeder fast überall machen kann. Eine Makrofotografie zum Saisonende, die einfach nur Freude macht. Warum? Weil man dabei vor allem eines machen kann: rumsitzen und dösen!

Fliege (Muscidae) auf einer von einem Sonnenstrahl beschienener Blattspitze des Woll-Ziests (Stachys byzantina)

Olympus E-M1; Sigma 150mm f/2.8 Makro; ISO 320; Blende 3.2; 1/1600 Sek.
 

Blumenfliege (Anthomyiidae) mit Verdauungstropfen auf regennasser, abblühender Blüte der Busch-Malve (Lavatera sp.).
Die dösende Dame schlürfte den Verdauungstropfen genüsslich rein und raus - immer schön im Wechseltakt. Das Ganze wirkte mit dem Gelb der welkenden Balkan-Storchschnabelblättern im Spiegelbild des Tropfens sehr herbstlich. Fantastisch! Wäre am liebsten sofort im raschelnden Herbstlaub mit Kastanien spielen gegangen :-). Ich war voll herbstmäßig angehaucht ...

Olympus E-M1; Sigma 150mm f/2.8 Makro; ISO 400; Blende 8; 1/250 Sek.
 

Wolfspinnen-Weibchen (Lycosidae) beim Aufwärmen auf einem sonnenbeschienenen Woll-Ziest-Blatt (Stachys byzantina)

Olympus E-M1; Sigma 150mm f/2.8 Makro; ISO 320; Blende 8; 1/200 Sek.
 

Blumenfliege (Anthomyiidae) beim "Dösen" auf einer Busch-Malve (Lavatera sp.)

Olympus E-M1; Sigma 150mm f/2.8 Makro; ISO 400; Blende 8; 1/160 Sek.
 

Auch ein Zecken-Männchen (Ixodes ricinus) freute sich auf einem Woll-Ziest-Blatt (Stachys byzantina) über ein wenig Wärme - und "fühlte" mit seinem linken Vorderbein schon wieder nach einem Beutetier, auf dem eine heißbegehrte Zeckendame sitzen könnte!

Olympus E-M1; Sigma 150mm f/2.8 Makro; ISO 320; Blende 5.6; 1/640 Sek.
 

Blumenfliege (Anthomyiidae) beim "Dösen" auf einem sich verfärbenden Blatt des Balkan-Storchschnabels (Geranium macrorrhizum)

Olympus E-M1; Sigma 150mm f/2.8 Makro; ISO 400; Blende 6.3; 1/400 Sek.
 

Viel Spaß beim Rumsitzen und Dösen und "Gut Herbstlicht",

Roland Günter

Roland Günter ist Betreiber von Makrotreff und Chefredakteur von MAKROFOTO. Der Dipl. Forst-Ingenieur betreibt die Makrofotografie hauptberuflich und verwaltet ein umfangreiches biologisch-wissenschaftliches Bildarchiv.

Der Kern seiner Arbeit liegt in der Dokumentation biologischer Vielfalt. Zu diesem Themenkomplex werden seit vielen Jahren seine Fotos und Reportagen im In- und Ausland in vielen gängigen Zeitschriften und Buchproduktionen publiziert.

Einen weiteren Schwerpunkt seiner Tätigkeit bildet die von ihm auf professionelles Niveau gehobene künstlerisch-kreative Vintage-Makrofotografie – also die Fotografie mit alten Objektiven an modernen Sensoren. Unter anderem hat er den einzigartigen Multivisions-Vortrag Fotografie mit Flair – Malen mit der Kamera konzipiert und neben anderen Events bei den Internationalen Fürstenfelder Naturfototagen vor großem Publikum gehalten.

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