MakroBrennweite – Welche darf´s denn sein?

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MakroBrennweite – Welche darf´s denn sein?

Mi., 29/06/2016 - 23:16
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Der Markt bietet Makroobjektive mit unterschiedlichen Brennweiten an. Allen gemeinsam ist, dass sie einen großen Abbildungsmaßstab (1:2 oder 1:1) ermöglichen. Dennoch gibt es Unterschiede in der Art und Weise ihres Einsatzes und ihrer Darstellungscharakteristiken. Worin liegen sie? Und wofür sollte man sich entscheiden?

Was ist eigentlich ein klassisches Makroobjektiv? Was ist das Besondere eines Makroobjektivs gegenüber einem Nicht-Makroobjektiv gleicher Brennweite?

Makroobjektive verfügen über eine kürzere Mindesteinstellentfernung gegenüber Nicht-Makroobjektiven und erlauben es dem Fotografen, näher an das Motiv heranzugehen und es groß abzubilden. Erreicht wird dies in der Regel durch einen deutlich vergrößerten Schneckengang im Objektiv - man kann das Ding also ordentlich weit herausdrehen! Dadurch vergrößert sich der Abstand zwischen Linsengruppen und Sensor, der sogenannte Auszug.

Nun ja, wird sich der Eine oder Andere denken: Wenn es nur darum geht, den Abstand zwischen Kamera und Objektiv zu verlängern - den kann man auch bei einem "normalen" Nicht-Makroobjektiv dadurch vergrößern, dass man Zwischenringe, Balgengeräte oder Ähnliches dazwischenschraubt!

So einfach ist das dann aber doch nicht. Denn jetzt kommt ein weiterer wichtiger Unterschied von den deutlich teureren Makroobjektiven gegenüber den "Norm-Linsen" gleicher Brennweite zum Tragen. Jedes Objektiv ist von Seiten seines Konstrukteurs für den Abbildungsbereich optisch optimal berechnet, für den es bestimmt ist: eine Nicht-Makrolinse also für "ihren" Bereich von unendlich bis ... - ja bis zu ihrer kürzesten vorgegebenen Einstellentfernung! Wird die nun nachträglich durch Vergrößerung des Auszugs verkürzt - z.B. durch das Dazwischensetzen eines Zwischenrings - kommt man zwar auch auf einen größeren Abbildungsmaßstab. Aber gleichzeitig leidet die Abbildungsleistung des Objektivs. Schärfe- und Brillanzwerte gehen da sehr rasch in den Keller. Ich habe schon die abenteuerlichsten Konstruktionen von Gebilden gesehen, die sich bei einer Ausszugsverlängerung von einem halben Meter und mehr schon gefährlich zu biegen begannen! Die optische Qualität solcher aberwitzigen Fotoröhren: "Da kann man auch gleich als Linse ´nen Cola-Flaschenboden nehmen!"

Hier nun spielen Makroobjektive eine ihrer Hauptstärken aus: Sie sind optisch voll durchkorrigiert bis in Abbildungsmaßstäbe von 1:2, 1:1 oder noch mehr und halten damit ihre Abbildungsleistung. Das ist für die Objektivbauer aufwendig! Dadurch sind sie in der Regel so viel teurer als die Norm-Linsen gleicher Brennweite. 

Klassische Makroobjektive gibt es (bis auf wenige Ausnahmen) im Bereich zwischen 35mm und 200mm. Und alle führen in die Abbildungsmaßstäbe von irgendwo zwischen 1:2 und 1:1. Ist es dann egal, für welche Brennweite Du Dich entscheidest?

Nein! Hierzu vorweg ein paar allgemeine Gedanken:
Zunächst einmal sind auch Makroobjektive "ganz normale" Objektive. Ein 35mm-Makroobjektiv ist (auch) ein Weitwinkelobjektiv, ein 150mm-Makroobjektiv (auch) ein Teleobjektiv. Und damit haben sie auch die volle Palette an physikalischen Eigenschaften und Charakteristiken ihrer jeweiligen Brennweite. Für die meisten Makronisten ist noch plausibel, dass zum Beispiel der Aufnahmeabstand eines langbrennweitigen Teles zum Motiv deutlich größer ist als bei einem Weitwinkel - sehr von Vorteil bei scheuen Tieren!

Ein Beispiel:
Fotografierst Du beispielsweise eine Fliege klassischer Fliegengröße mit einem 150mm-Makrotele im Maßstab 1:1, hast Du einen komfortablen Abstand von knapp 18 cm vom Objektiv zum "Wildtier". Willst Du dieses Foto mit gleichem Abbildungsmaßstab mit einem 35mm-Makro machen, gibt´s mit etwa 3 cm schon fast ein Fliegenküsschen. Ein Hoch auf die Fliege, die das aushält!

Ein weiterer wesentlicher Unterschied hängt mit der physikalischen Abbildungseigenschaft der unterschiedlichen Brennweiten zusammen. Ein beispielsweise 150mm-Makroobjektiv ist nun mal auch ein 150mm-Tele, das bereits kurz hinter seinem Schärfepunkt in die Unschärfe übergeht - eben typisch Tele! Damit verschwimmt alles hinter dem eigentlichen Motiv in weichen Strukturen. Unruhige Hintergründe mit störenden Linien und Flecken lassen sich so schön "entwaffnen". Auf der anderen Seite erlauben sie jedoch kaum, ein Tier beispielsweise integriert in seinem typischen Lebensraum abzubilden.

Ein 35mm-Makroobjektiv hingegen verfügt über ein völlig anderes Tiefenschärfen-Verhalten. Wie bei Weitwinkeln üblich, geht es hinter dem eigentlichen Schärfepunkt wesentlich langsamer in die Unschärfen über. Hintergrundstrukturen können gewünschter Teil der Bildaussage werden - oder auch sehr stören! 

35mm Makro, Blende 4.0

90mm Makro, Blende 4.0


Im linken Bild ist der Hintergrund fast zu stark strukturiert - er ist ein wenig unharmonisch. Makro-Telewirkung im rechten Bild: weicher, harmonischer Hintergrund.

Dieser Effekt wird noch zusätzlich verschärft durch den unterschiedlichen Bildwinkel eines Weitwinkel-Makros gegenüber einem Tele-Makro. Beim Teleobjektiv reduziert ein enger Bildwinkel automatisch den Hintergrund - und damit auch diejenigen "Strukturen", die zusätzlich im Bild eine Wirkung übernehmen. Umgekehrt beim Weitwinkel-Makro: Der breit auffächernde Bildwinkel erfasst auch hinter dem Motiv noch eine Menge Hintergrund über, unter und seitlich neben dem Hauptmotiv - und damit auch eine Menge Informationen, die der Makrofotograf haben will - oder auch nicht!

35mm Makro, Blende 8.0

90mm Makro, Blende 8.0


Beachte den deutlich größeren Bildwinkel im Foto links: Hier ist der Hintergrund nicht nur "schärfer" abgebildet, sondern es ist auch mehr Hintergrund drauf (oben, unten, rechts und links)! Vergleiche die Lage des "gelben Flecks" im unteren Bildbereich.

Wichtig ist also die Feststellung, dass auch verschieden-brennweitige Makroobjektive ihre jeweiligen foto-physikalischen Charakteristiken beibehalten - auch wenn sie eine kleine Fliege gleichgroß abzubilden in der Lage sind. Und daraus ergibt sich deren unterschiedlicher Anwendungsbereich.

TIPP:

Überlege Dir vor dem Kauf eines Makroobjektivs beziehungsweise vor Deiner Makro-Session, was Du mit Deinem Foto aussagen möchtest. Willst Du vor allem das (vielleicht auch noch scheue) Hauptmotiv abbilden - am besten schön aus seiner Umgebung herausisoliert vor weichem Hintergrund - dann ist ein Tele-Makro die richtige Wahl. Ist es aber Dein Ziel, auch noch einiges von der Umgebung (Lebensraum) Deines "Modells" ins Foto einzubeziehen, wähle ein Weitwinkel-Makro.

Auch bei Makroobjektiven gilt:

Tele ist Tele, und Weitwinkel ist Weitwinkel!

Auch im Nahbereich verlieren die Brennweiten ihre grund-physikalischen Abbildungseigenschaften nicht!


Die in den Beispielfotos gezeigten Unterschiede verstärken sich natürlich mit zunehmender Makro-Telebrennweite. Die Unterschiede zum 35mm-Makro sind also bei Verwendung eines 200mm Makro-Teles noch wesentlich deutlicher als beim 90mm-Makro.
 Die Vergleiche beziehen sich selbstverständlich immer nur auf Aufnahmesituationen mit Verwendung der jeweils gleichen Blende. Alles andere wäre eine Milchmädchenrechnung!


Zur weiteren Verdeutlichung noch ein paar Beispiele:

35mm Makro, Blende 4.0

90mm Makro, Blende 4.0

Das Foto links hat "mehr" Hintergrund und deutlicheren Strukturen (unruhiger) als das Foto rechts - bei gleicher Blende!

 

35mm Makro, Blende 8.0

90mm Makro, Blende 8.0

Bei Blende 8 wird der Hintergrund beim 35er Makro störend unruhig. Beim 90er Makro ist es zwar besser, aber auch nicht wirklich harmonisch! Aber der Unterschied der Bildwirkung bei Verwendung der gleichen Blende wird deutlich.

 

35mm Makro, Blende 11.0

150mm Makro, Blende 11.0

Dieses Beispiel zeigt eine Blüte des Gewöhnlichen Bitterkrauts (Picris hieracioides) auf einer Streuobstwiese.
Beim Einsatz des 35mm-Makros ist der Lebensraum Teil der Bildaussage; Im Hintergrund ist ein Obstbaum erkannbar - zumindest beim linken Foto mit dem 35er. Das 150mm Telemakro isoliert dagegen die Blüte bei gleicher Abbildungsgröße aus dem Lebensraum heraus und zeichnet den Hintergrund weich.

 

35mm Makro, Blende 8.0

150mm Makro, Blende 8.0

Blüte der Gemeinen Wegwarte (Cichorium intybus).
Das Beispiel zeigt den gleichen Effekt wie das vorherige Beispiel. Hier ist das linke Foto (35mm Makro) sehr unruhig. Der Hintergrund erfasst zu viel Lebensraum, und der ist auch noch zu stark strukturiert. So lenkt er von der Blüte im Vordergrund stark ab.

 

35mm Makro, Blende 4.0

90mm Makro, Blende 4.0

Die Fotos zeigen eine Schwebfliege auf Thymian vor einer Trockenmauer mit hellen Kalksteinen. Auch Hell-Dunkel-Unterschiede (Kalkstein im Hintergrund) werden durch die Eigenschaft eines Weitwinkel-Makros kontrastreicher abgebildet.


Allgemeine Aufnahmedaten zu den Fotos:
Olympus E-M1, Olympus Zuiko Digital 35mm F3.5 Macro; Olympus Zuiko 90mm F2.0 Macro; Sigma 150mm F2.8 Macro


In diesem Sinne viel Spaß bei der "richtigen" Wahl des Makroobjektivs und  -  "Gut Licht",

Roland Günter

Roland Günter ist Betreiber von Makrotreff und Chefredakteur von MAKROFOTO. Der Dipl. Forst-Ingenieur betreibt die Makrofotografie hauptberuflich und verwaltet ein umfangreiches biologisch-wissenschaftliches Bildarchiv.

Der Kern seiner Arbeit liegt in der Dokumentation biologischer Vielfalt. Zu diesem Themenkomplex werden seit vielen Jahren seine Fotos und Reportagen im In- und Ausland in vielen gängigen Zeitschriften und Buchproduktionen publiziert.

Einen weiteren Schwerpunkt seiner Tätigkeit bildet die von ihm auf professionelles Niveau gehobene künstlerisch-kreative Vintage-Makrofotografie – also die Fotografie mit alten Objektiven an modernen Sensoren. Unter anderem hat er den einzigartigen Multivisions-Vortrag Fotografie mit Flair – Malen mit der Kamera konzipiert und neben anderen Events bei den Internationalen Fürstenfelder Naturfototagen vor großem Publikum gehalten.

Kommentare

Profile picture for user Markus

Ich finde es sehr aufschlussreich, die Unterschiede und deren Einfluss auf die Bildaussage mal im direkten Vergleich zu sehen.
Wie alle vorherigen Artikel auch, sehr anschaulich und informativ. Nehme immer viel mit. 
Toll und weiter so!
Gruß Markus

Profile picture for user Sigi Weyrauch
Makronist

Hallo Roland,

so nun hab ich erst mal deinen Beitrag zum geeigneten Makroobjektiv angeschaut. Die Vergleiche zwischen den verschiedenen Objektiven sind ja deutlich hervorgehoben. nun geht es mir im besonderen erst mal ausschließlich um einen Aspekt, nämlich der Hintergrund beim Motiv, der sollte doch möglichst weich und weniger unruhig rauskommen, genau dasselbe möchte ich auch erreichen. Mich verunsichern nämlich in dem Zusammenhang 2 aktuelle Beispiele in der Galerie: 1) die Pilze von Christine mit dem noch etwas unruhigeren Hintergrund, wo du ja frägst wie das wohl mit einer längeren Brennweite wäre 2) der neuerliche Pilz von Didi mit längerer Brennweite, da ist aber der Hintergrund ebenso noch unruhig, oder geht da halt nicht mehr? Oder lässt sich das gar nicht miteinander vergleichen?

Wenn ich jetzt mit meinem 90 ger Makro Objektiv vorhabe vorwiegend Wildkräuter abzulichten, egal tief unten oder weit oben und einen möglichst weichen Hintergrund will, dann wird immer viel gemischtes Grünland drum herum sein, dann soll mein Ziel sein nur ein einzelnes Pflänzlein freizustellen, tja wenn ich wenigstens einen groben Wegweiser dazu hätte, dann würde ich mal experimentieren.

Viele Grüße

Sigi

Profile picture for user Roland

ADMIN

Hallo Sigi,

bei der Charakteristik der Wiedergabe des Hintergrunds spielt neben der eingesetzten Brennweite und der Blende natürlich auch die Entfernung zwischen Motiv und Hintergrund eine entscheidende Rolle. Die Vergleiche von Brennweiten müssen natürlich immer bei gleicher Entfernung beispielsweise von Hintergrundbewuchs und dem davor befindlichen Motiv gesehen werden.

Du siehst das bei den Vergleichsaufnahmen oben im Artikel. Bei den jeweiligen Vergleichsfotos, die mit verschiedenen Brennweiten gemacht wurden, handelt es sich immer um das gleiche Motiv, fotografiert aus der gleichen Perspektive, sodass die Pflanzen im Hintergrund immer gleich weit weg waren. Und nun kannst du die unterschiedlichen Hintergrundzeichnungen (Tiefenschärfeverhalten) der verschiedenen Brennweiten beurteilen.

Das von Dir angesprochene Pilzfoto von Dieter kannst Du also nicht vergleichen mit dem Pilzfoto von Christine, weil die Ausgangslage eine jeweils völlig andere ist. Hätte Dieter eine 60er Makrobrennweite eingesetzt, wäre sein Hintergrund deutlich unruhiger abgebildet worden. Willst Du einen extrem beruhigten Hintergrund haben, dann musst Du eine Motivsituation suchen oder herstellen, wo hinter dem Hauptmotiv (beispielsweise einem Pilz oder einer Pflanze) eine Menge freier Raum ist, also ein größerer Bereich, wo keine (störende) Vegetation ist. Das ist, nur um mal eine grobe Zahl zu nennen, bei etwa 30-60 cm der Fall – je nach Brennweite, je nach Abbildungsmaßstab, je nach eingesetzter Blende. Denn all diese Faktoren haben einen Einfluss auf die Tiefenschärfe, also auf die Schärfe hinter dem Hauptmotiv.

Also, es gilt dennoch:

Je langbrennweitiger die eingesetzte Brennweite ist, desto mehr beruhigt sie den Hintergrund.

Aber beachte hier: Mit zunehmender Brennweite vergrößert sich auch der Aufnahmeabstand, also der Abstand zwischen Kamera und Hauptmotiv. Das ist gut bezüglich einer Fluchtdistanz (nicht eines Pilzes, der kann ja nicht weglaufen :-), sondern beispielsweise eines Schmetterlings oder einer Eidechse), das kann schlecht sein bezüglich einer Menge störender Vegetation (Grashalme, Ästchen usw.) zwischen Hauptmotiv und Kamera, denn da ist ja nun ´ne Menge Platz für ´ne Menge (störendes) Gemüse.

Aus diesem Grund ist es vielleicht ratsam, für den von Dir genannten Verwendungszweck eine Makrobrennweite so um die 90 bis 105mm (je nach Hersteller) zu wählen. Das ist eine leichte bis mittlere Telebrennweite, die den Hintergrund mehr "beruhigt" als 30 oder 60mm, aber nicht gleich so ein Geschoss mit all seinen hinzukommenden Eigenheiten wie 150 oder gar 180mm Brennweite ist.

Wenn Du dann damit am Motiv den Hintergrund nicht entsprechend Deiner Vorstellung genügend freigestellt bekommst, dann solltest du an anderen, notwendigen Schrauben drehen wie Blendenwahl, Störendes hinter dem Motiv vor dem Erstellen der Aufnahme entfernen usw. usf.

Lieber Gruß,

Roland

 

 

Profile picture for user Sigi Weyrauch
Makronist

Hallo Roland,

ich hab den Beitrag erst im Nachhinein gelesen, als ich bereits zu den Ausführungen von dir und Christine beim Pilzfoto was gefragt habe, sodann hast du hier bereits Antworten zu meinen dortigen Fragen gegeben, danke dafür, es ist einfach für einen noch Anfänger wie mich ein ziemlicher Eiertanz, bis man da die vielen Kriterien bei den Einstellungen und Aufnahmebedingungen auf die Reihe kriegt.

Vielen Dank

lieber Gruß Sigi

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Erstellt von Jan (nicht überprüft) on Di., 26/06/2018 - 10:58 Permalink

Vielen Dank für den aufschlussreichen Artikel!

Bei der Beschriftung des zweiten Fotopaares muss aber ein Fehler vorliegen, da die Schärfentiefe jeweils wesentlich größer ist als bei dem ersten Fotopaar, angeblich aber die selbe Blende (f/4) verwendet wurde.

 

Viele Grüße, Jan

Profile picture for user Wolfgang Graf
Erstellt von Micha (nicht überprüft) on Di., 08/10/2019 - 09:25 Permalink

Hallo und danke für die Erklärungen und Beispielfotos.

Eine Frage bleibt für mich noch:

Wenn ich ein kleines Motiv, sagen wir ein Modellauto (Matchbox, 1:64, schrägstehend) fotografiere (70mm Makro), dann verschwindet ein Teil in der Unschärfe. Blendenveränderungen bis zur f22 hatten kaum Effekt.

Wird bei einem 100er Makro Objektiv der Schärfebereich noch kürzer? 

Mit welcher Brennweite, mit welchem Makroobjektiv bekomme ich das ganze Motiv scharf? 

Vielen Dank!

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ADMIN

Schärfentiefe und Brennweite

Hallo Micha,

kann man so nicht beantworten. Die Herangehensweise an diese Fragestellung muss eine andere sein.

Es hängt nicht alles nur an der eingesetzten Brennweite, auch nicht nur an der eingestellten Blende. Ein wichtiger weiterer Faktor für die "wirksame" Schärfeebene ist auch der Abbildungsmaßstab, also die Entfernung, von der aus Du fotografierst. Je näher Du ans Motiv ran gehst – je größer also der ABM ist – desto weniger wirst Du von dem schräg stehende Matchboxauto scharf bekommen.

Genau genommen hängt die Schärfentiefe nur von zwei Größen ab: von der Blende und vom Abbildungsmaßstab – also nicht explizit von der eingesetzten Brennweite.

Die Brennweite hat vielmehr Einfluss auf den Aufnahmeabstand (je mehr Brennweite, desto größer der Aufnahmeabstand bei gleichem ABM) sowie auf den Bildwinkel (je höher die Brennweite, desto enger der Bildwinkel, was zu einem ruhigeren Hintergrund führt, weil dort infolge des engeren Bildwinkels weniger erfasst wird, was Unruhe ins Bild bringen könnte).

Somit wirst Du also auch mit einem 100er Makro das Matchboxauto nicht ganz scharf bekommen – aber auch nicht weniger scharf als mit dem 70er Makro, es sei denn, Du veränderst gleichzeitig andere Faktoren.

LÖSUNG:
Dies ist eine klassische Situation für Focus Stacking. Damit bekommst Du alles scharf, was Du scharf haben willst – unabhängig von der eingesetzten Brennweite. Dies ist die einzige Lösung, um das gute Stück von vorne bis hinten scharf abbilden zu können.

Ausnahme: Du entfernst Dich mit der Kamera so weit vom Matchboxauto, dass es von vorne bis hinten scharf ist. Das bedeutet, es wird nur noch ganz klein auf dem Bild zu sehen sein – aber eben scharf. Und dann machst Du einen starken Ausschnitt aus dem Foto. Dann hast Du zwar nur noch einen kleinen Foto-Schnipsel, aber dafür ist Dein Auto scharf.
Genau von dieser Philosophie leben haufenweise Fotos im Internet. Das hat dann aber nichts mehr mit fotografischem Können zu tun... :-).

Lieber Gruß,

Roland

Profile picture for user Wolfgang Graf

Hallo Micha

Ich arbeite schon mehrere Jahre mit der von Roland angesprochenen Focus-Stacking Methode im Bereich der Blumenfotografie und verwende meist ein 100 mm Makro. Kürzlich wollte ich damit vier Blütenstengel mit unterschiedlicher Aufnahmedistanz scharf aufs Bild bekommen, ohne mit einer kleinen Blende den ganzen Hintergrund auch gleich abzubilden. Ich habe also mit Blende 4.5 gearbeitet. Damit auch eine kurze Verschlusszeit von 1/100 s bekommen und so eine Bewegungsunschärfe durch den Wind verhindert. Von der vordersten bis zur hintersten Pflanze habe ich durch sanftes, kontinuierliches Drehen am Focusring eine Bildreihe mit 20 Aufnahmen gemacht, jede mit leicht versetzter Schärfeebene. Zu Hause habe ich genau vier Bilder ausgewählt auf denen jeweils ein Blütenstängel scharf abgebildet ist und diese mit Photoshop gestapelt und zu einem einzigen Bild verarbeitet. Tönt vielleicht aufwändig, aber ist zu meiner allgemeinen Routine geworden für Makroaufnahmen. Auf meiner Homepage auf der Seite Fototechnik, ganz am Schluss, ist das beschrieben. Einige praktische Tipps hat mir Valentin an einem Tages-Coaching vermittelt, hat sich echt gelohnt.

Lieber Gruss aus der Schweiz, viel Spass

Hansjürg

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