"Fotogardening" und ein paar Gedanken dazu

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Makronist

Im Frühjahr 2019 veröffentlichte der Weltbiodiversitätsrat der Vereinten Nationen, dass von weltweit geschätzt 8 Millionen Tier - und Pflanzenarten etwa 1 Million vom Aussterben bedroht ist – erschreckend! Darunter zählen Riesenschildkröten und Berggorillas.

Aber, wie sieht es in unserer Heimat, z.B. in Rheinland-Pfalz aus? Gar nicht gut.

Bei uns sind etwa die Hälfte aller Brutvögel und Bienenarten gefährdet, bei Fischen sind es sogar 75%.

Von 119 im Jahr 1992 festgestellten Tagfalterarten waren bereits 2013 10 Arten verschwunden, und wurden übrigens bis heute nicht mehr gesichtet.

Insgesamt sind mehr als 60% aller Tagfalterarten bei uns bedroht. Der „kleine Fuchs“ zum Beispiel, wurde 2019 kaum noch in der Vorderpfalz gesichtet. Bei uns im Garten hatten wir in den vergangenen Jahren noch den Admiral, den kleinen Fuchs, den Schwalbenschwanz, das Tagpfauenauge und den Kohlweißling. Dieses Jahr war nur noch ein Kohlweißling zu beobachten, bei allen anderen à Fehlanzeige. In meiner unmittelbaren Umgebung, dem LSG „Maudacher Bruch“ zum Beispiel fand ich letztes Jahr noch unzählige Libellenarten – dieses Jahr ist davon fast nichts mehr zu entdecken. Tatsachen, die einem weder verborgen bleiben, noch beruhigen können. 

Wo sind sie? Anhaltende Trockenzeiten haben das Bruchgelände an vielen Stellen austrocknen lassen. Wo ich letztes Jahr noch nasse Füße bekommen habe, kann ich heute trockenen Fußes die Landschaft erkunden. Jetzt sind das Aussterben und Entstehen neuer Arten natürliche Prozesse der Evolution, doch der dramatische Rückgang, noch vor Jahren absolut alltäglichen Arten, muss doch wachrütteln. Aber was tun unsere lieben Mitbürger? Sie pflastern Vorgärten zu, legen ihre Gärten „pflegeleicht“ an, das heißt, man will möglichst keine Arbeit haben. Viele Abdeckfolien, Steine jeder Art darauf verteilt und man hat erstmal Ruhe – eine trügerische Ruhe.

Diese Steine heizen sich in der Sonne extrem auf. Man hat anscheinend gern das wärmende Gefühl von Saunasteinen im Garten – im Winter vielleicht. Für mich eine unerträgliche Tendenz. Fährt man einmal durch Neubaugebiete (bei „eingewachsenen“ Siedlungen sieht es nicht besser aus), so sieht man doch fast nur noch diese Stein- und Geröllhalden in Vorgärten. Sie tragen in erheblichem Maße dazu bei, dass hier vor allem und zuallererst keine blütensuchenden Insekten mehr sesshaft werden, ihnen fehlt schlicht und ergreifend der Lebensraum. Daraus folgend können Vögel keine Nahrung mehr finden. Man sollte diese Geröllhalden in Bebauungsplänen explizite verbieten.

Einmal ganz davon abgesehen, dass sich dies, durch die immer wärmer werdenden Sommer, auch unheimlich positiv auf das Mirko-Klima in unseren Straßenzügen auswirkt. Macht man sich einmal die Mühe und legt morgens seine Hand auf diese Steine, wird man merken, wie sie immer noch Wärme abstrahlen. Ja was soll denn da zu einer kühlenden Nacht führen? Versteht man das nicht, oder will man das nicht verstehen.

Ich habe jetzt noch kein Wort über die unnötige Verabreichung von Insektiziden und Pestiziden in unseren heimischen Gärten gesprochen. Wir gärtnern jetzt schon seit Jahren ohne jeglichen Einsatz von irgendwelchen synthetisch hergestellten Abwehrmittelchen gegen Insekten bzw. Düngern. Bei uns dürfen Blattläuse auf die Rosen (die Vögel freuts), Heuschrecken finden Geschmack an Rosenblättern und auch Wanzen sind in unserem Garten in einer Vielzahl vertretenen, die mich immer wieder aufs Neue überrascht. Unsere Äpfel haben Würmer, haben nicht das Supermarktaussehen, aber sie sind (zumindest was ich dazu beitragen kann) unbehandelt. In unserem Garten darf der Wiesen-Bocksbart ungehindert wachsen. Dumme Sprüche der lieben Nachbarschaft überhören wir lächelnd. Auch ist Löwenzahn ein wunderschön blühendes Kraut.

In der von mir selbst geschaffenen Wortkreation „Fotogardening“ möchte ich dazu beitragen, dass ich auf makro-fotografischer Weise Dinge in unserem Garten fotografiere, die einem ansonsten vielleicht verborgen geblieben wären. Denn, nähert man sich den kleinen Dingen, so wird man feststellen, dass auch noch das kleinste Lebewesen, die unscheinbarste Blüte sehr interessante Details preisgeben kann, die es lohnt zu erhalten. Wenn ich mich, zum Beispiel, einer ganz normalen Gartenkreuzspinne nähere, dann erkenne ich, wie sie mich ich aus mindestens einem ihrer acht Augen sehr genau beobachtet. 

Ich gehöre keiner Partei oder sonstigen Organisation an, mir geht es einzig und allein um unsere Lebensräume. Wenn ich unsere sage, dann meine ich alle, die den Lebensraum auf unserer Erde nutzen und zum Leben (Überleben) benötigen.

Erhaltet diese für uns nützliche Natur, wartet nicht, bis die bereits 2007 von einer unserer Bundesregierungen „Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt“ zum Tragen kommt. Alle bisher getroffenen Maßnahmen werden nicht ausreichen, da sie nur Projekte mit zeitlicher Begrenzung sind/waren. Mit diesen Projekten werden wir dauerhaft keine einzige Art retten geschweige denn dass sich eine neue entwickelt. 

Was können wir tun?

  • Gestaltet eure Gärten ein ganz klein wenig um.
  • Schutz der Natur fängt im Kleinen an. Auf den Balkonen und Gärten.
  • Pflanzen einheimischer Pflanzen.
  • Wasserstellen für Vögel und andere heimischen Tiere.
  • Kleinere Holzstapel unter Bäumen und Sträuchern, das muss kein Ster Holz sein, ein paar Äste vom letzten Baumschnitt sind allemal besser als ein Eimer mit Geröll.
  • Komposthaufen anlegen.
  • Pflanzt einen Baum, eine bessere Alternative für ein besseres Stadtklima kann ich mir nicht vorstellen.
  • Vermeidet diese Geröllhaufen in Gärten und Vorgärten.
  • Lasst mal ein paar Blattläuse an den Rosen.

Euer

Thomas Hauth von „RheinPfalzNaturfoto“

(Fakten zum Teil aus BUND 3/19)

 

Kommentare

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MOD

Hallo Thomas,

danke für deinen tollen Bericht über das Ausmaß der Zerstörung unserer Umwelt. Ich bin ganz deiner Meinung.Diese Steingärten sind eine echte Katastrophe für die Insekten und für die Menschen eigentlich auch.  Ich habe bei meinen Spaziergängen die Erfahrung machen müssen, dass nichts mehr so ist wie es war. Schmetterlinge gibt es kaum noch  und auch die Libellen,hier vor allem die Großlibellen, sind verschwunden.

Hier bei uns in Nordhessen und Thüringen stirbt der Wald. Es ist grausam, das mit anschauen zu müssen. In 2-3 Jahren wird das richtige Ausmaß des trockenen Sommers 2018 noch deutlicher sichtbar werden.Dieses Jahr konnten wir immer noch nicht die Wasserdefizite ausgleichen. Bäche sind trocken gefallen und die Flüsse führen nur wenig Wasser. Und wenn man seine Bedenken äußert, wird immer noch fleißig abgewiegelt und die Äußerung als Panikmache verstanden.

So können wir nur hoffen, dass noch mehr Menschen etwas bewegen wollen und sich für Maßnahmen entscheiden, die wirklich fruchtbar sind. Dazu tragen deine Ausführungen im großen Maße bei!

Liebe Grüße

Gabi

 

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Makronist

Vielen Dank, lieber Thomas,

für dein engagiertes Plädoyer für unsere Natur! Ich versuche seit Jahren aus meinem kleinen Garten eine kleine Oase für die Pflanzen und Tiere zu machen. Und bin deswegen oftmals mit meinem Vermieter im Clinch, den die "Unordnung" stört. Die Grundstücke links und rechts neben dem meinen waren jahrzehntelang sich selber überlassen und ein Paradies für Flora und Fauna. Bei einer Winterzählung von Vögeln im Garten vor zehn Jahren konnte ich 18 (!) verschiedene Arten verzeichnen.

Dann wurde erst das linke, schließlich auch das rechte Grundstück bebaut. Da alle Häuser an einem Hang stehen, wurde links das Parkhaus des Hauses zum "Erdgeschoss" mit anschließendem Garten. Da ist jetzt eine kleine Rasenfläche, ein kleiner Spielplatz mit Sandkasten und Wippe (kein einziger der Eigentümer hat Kinder...) und ein paar Büsche. Alles auf Kante gemäht und geschnitten, steril und leicht "sauber" zu halten. Bei der letzten Vogelzählung kam ich auf vier verschiedene Arten...

Viele Grüße

Mainecoon

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