Wirkungsweise von Blitzlicht in der Makrofotografie - ein Beispiel
Blitzlicht in der Makrofotografie - eines der meist diskutierten Themen auf dem Gebiet der Makrofoto-Technik. Hier scheiden sich die Geister: die einen, die meinen, ohne Blitz gehe im Nahbereich gar nichts; die anderen, die Blitzlicht als viel zu künstlich bis regelrecht bildzerstörerisch wahrnehmen.
Wie so oft, werden wohl beide eher extremen Einschätzungen dem Potential der vorhandener Möglichkeiten nicht gerecht. Blitzlicht kann Makrofotos zerstören. Aufnahme- oder Motivbedingungen können aber auch so sein, das nur Blitzlicht zufriedenstellende Ergebnisse liefert, vielleicht sogar die Umsetzung einer bestimmten Motivsituation überhaupt erst ermöglicht. Die Kunst liegt also in der Differenzierung - und im Erkennen, wann welche Situation vorliegt.
Es werden zunehmend von verschiedenen Usern einige Fotos - vorwiegend Insektenfotos - in der Galerie eingestellt, die bei mehr oder weniger schlechten Lichtverhältnissen OHNE Blitzeinsatz gemacht wurden. Die Fotos wirken trübe, flau, ja fast matschig.
Dies wirft die Frage auf, wie Makronisten trotz schlechter Lichtverhältnisse ansprechende Fotos erstellen können. Hier gibt es tolle und überraschend wirkungsvolle Möglichkeiten; eine davon ist der Einsatz von Blitzlicht. Diese Möglichkeit greife ich hier isoliert heraus und demonstriere sie anhand zweier Vergleichfotos:
Die Ausgangslage
Das erste Foto zeigt eine Sandbiene (Andrena sp.) auf Vergissmeinnicht-Blüten, fotografiert und eingestellt von der Userin Gabi Jäger (Flora1958). Es entstand bei sehr trübem Wetter und damit bei wenig Licht. Folgerichtig wählte Gabi den ISO-Wert 800 und die (nur) mittlere Blendeneinstellung 5.6. Die 1/200 Sekunde reichte dann aus, das Foto nicht durch Eigenbewegung oder Motivbewegung zu verwackeln. Der Einsatz eines Stativs schied aus, und das Optimieren von einzelnen Einstellungen hätte stets zur Verschlechterung anderer Parameter geführt. Somit war aus dieser Situation so, wie sie von Gabi fotografiert wurde, fototechnisch nicht mehr herauszuholen.
Das zweite Foto zeigt annähernd das gleiche Motiv: eine Sandbiene (Andrena flavipes) auf Vergissmeinnicht-Blüten (ein Männchen bei der Nektaraufnahme), ebenfalls fotografiert bei sehr trübem Wetter. Durch den Einsatz von zwei Blitzen in Zangenstellung waren hier andere Kameraeinstellungen möglich: ISO 200 bei Blende 8.0.
Der besseren Vergleichbarkeit wegen sind beide Fotos in nahezu gleicher Art und Weise geringfügig in Lightroom insbesondere bezüglich Helligkeit, Kontrast und Farbe nachbearbeitet worden.
Die Unterschiede
Nun ist es interessant und aufschlussreich, die Folgen der unterschiedlichen Beleuchtung zu betrachten und zu vergleichen.
Das erste Foto wirkt insgesamt trüb. Der schmale Bereich der Tiefenschärfe erfasst nur einen kleinen Teil der Körperfläche der Wildbiene; das Auge liegt davor und ist unscharf, die Oberseite der Brust (Thorax) mit ihrer feinen Behaarung befindet sich bereits dahinter und ist damit ebenfalls unscharf. Irgendwo dazwischen liegen die wenigen scharfen Millimeter der Schärfenebene. Teilbereiche unterhalb der Blüten und der Biene sind entweder stark abgedunkelt oder sogar völlig schwarz, ohne jegliche Durchzeichnung.
Alles zusammen führt zu einem flauen, unbrillanten, leicht rauschigen, größtenteils von Unschärfen geprägten Bild.
Anders das zweite Foto: harmonische Ausleuchtung mit leichten Schattenbildungen (Imitation des Sonnenlichts), ausreichend große Tiefenschärfe, um die wesentlichen Teile (inklusiv Auge) der Sandbiene scharf abzubilden. Klare, leuchtende Farben.
Alles zusammen führt zu einem brillanteren Foto.
Da sieht man den Unterschied überdeutlich.:-). Dein wunderschönes Makro zu meinem matschigen Sandbienen Portrait. So hätte ich es auch gern hinbekommen. :-))))", schreibt Gabi, die sich wenige Wochen zuvor entschieden hat, die Makroblitztechnik zu erlernen. Und weiter schreibt sie:
"Gut, dass du mir das Foto angehängt hast, da ich darauf sehen kann, wie der Blitz richtig eingesetzt wird und wirkt. Ich war mir bei meinen ersten Gehversuchen sehr unsicher und wußte eigentlich nicht, wo ich hin muß".
Eine wichtige Rolle beim Einsatz des Blitzes spielt übrigens der Hintergrund: Er ist beim geblitzten Sandbienen-Foto nicht schwarz! Das Blitzlicht wurde hier also reflektiert.
Diese sogenannten "schwarzen Löcher" können ein geblitztes Makrofoto sehr unansehnlich wirken lassen und sollten deshalb in der Regel vermieden werden. Zu diesem meist sehr unschönen Phänomen und wie man es vermeidet habe ich hier bei Makrotreff zwei Posts eingestellt:
Beim Workshop lernen wie´s geht
Es gibt zahlreiche weitere Motivsituationen, die Blitzlichteinsatz in der Makrofotografie begründen oder sogar voraussetzen. Die Fotos der Sandbiene zeigen beispielhaft die positive Wirkung sinnvoll eingesetzter Blitztechnik bei schlechten Lichtverhältnissen. Es gibt aber auch alternative Möglichkeiten, wie man OHNE den Einsatz von Blitztechnik auch bei trübem Wetter Makromotive erfolgreich und ansprechend umsetzt. Und genau darin liegt der Schlüssel: lernen zu erkennen, wann Blitzeinsatz wenig sinnvoll, hilfreich oder sogar notwendig ist, und im zweiten Schritt die für einen gelungenen Einsatz des "künstlichen" Lichts notwendigen Techniken beherrschen zu lernen.
Der hier gezeigte Effekt ist ein Thema neben vielen weiteren (wie z.B. Focus Stacking), das ich bei meinen Workshops demonstriere und mit den Teilnehmern intensiv übe:
Das Erlernen und Ausloten von Möglichkeiten, auch bei schlechten Lichtverhältnissen spannende Makrofotos mit und ohne Blitz in hoher Qualität erstellen zu können.
Dazu braucht es eine höhere "Lehr-Intensität", als sie hier bei unseren Makrotreff-Bildbesprechungen in der Regel geleistet werden kann. Deshalb führe ich Makrofoto-Workshops durch, zu denen ich Makrofoto-Einsteiger genauso gerne begrüße wie Fortgeschrittene oder Experten dieser tollen, vielseitigen Fotografierichtung.
Ich wünsche allen Makronisten "Gut Licht" - mit und mit ohne Blitz :-),
Roland Günter
Roland Günter ist Betreiber von Makrotreff und Chefredakteur von MAKROFOTO. Der Dipl. Forst-Ingenieur betreibt die Makrofotografie hauptberuflich und verwaltet ein umfangreiches biologisch-wissenschaftliches Bildarchiv.
Der Kern seiner Arbeit liegt in der Dokumentation biologischer Vielfalt. Zu diesem Themenkomplex werden seit vielen Jahren seine Fotos und Reportagen im In- und Ausland in vielen gängigen Zeitschriften und Buchproduktionen publiziert.
Einen weiteren Schwerpunkt seiner Tätigkeit bildet die von ihm auf professionelles Niveau gehobene künstlerisch-kreative Vintage-Makrofotografie – also die Fotografie mit alten Objektiven an modernen Sensoren. Unter anderem hat er den einzigartigen Multivisions-Vortrag Fotografie mit Flair – Malen mit der Kamera konzipiert und neben anderen Events bei den Internationalen Fürstenfelder Naturfototagen vor großem Publikum gehalten.
Kommentare
Schade,…
Schade,
Ich wollte so eben die vier Ausgaben MAKROFOTO bestellen.
Leider kann ich nichts mit dem Zunamen anfangen.
Jede Tiergattung hat ihre Familie!
Ihr macht sehr schöne Aufnahmen.
ich wünsche Euch weiterhin viel Erfolg.
LG
ADMIN
Hallo,…
Hallo,
Du darfst gerne dort, wo Zuname steht, Deinen Familiennamen eingeben :-). Und schon ist die Welt wieder in Ordnung ...
Liebe Grüße und viele Makrofreuden,
Roland
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