Sex kann tödlich enden!
Sex im Tierreich läuft nicht immer harmonisch ab und kann sogar tödlich enden. In diesem Artikel erfahrt Ihr einiges über die Sexpraktiken bei Insekten. Aber Vorsicht, es ist nichts für sanfte Gemüter!
A mating pair of giraffe weevil long necked beetle, Cycnotrachelus sp. Foto: Kurt - orionmystery.blogspot.com
Der folgende Kommentar des renommierten US-amerikanischen Astrophysiker Neil deGrasse Tyson bewog mich dazu, diesen Artikel zu verfassen, um die Sache mal aus biologischer Sicht richtigzustellen.
If there were ever a species for whom sex hurt, it surely went extinct long ago.
— Neil deGrasse Tyson (@neiltyson) 11. März 2016
Übersetzt heißt das so viel wie: "Gäbe es eine Spezies, der Sex wehtun würde, wäre diese schon längst ausgestorben". Das ist natürlich vollkommener Quatsch. Es gibt ganze Lehrbücher, die sich mit den unterschiedlichen Fortpflanzungstechniken von Tieren befassen, und wenn man da einen Blick riskiert, wird schnell klar: Wir Menschen können uns glücklich schätzen, dass Sex für uns etwas Wunderbares ist, denn im restlichen Tierreich ist dies überwiegend ganz und gar nicht selbstverständlich.
Fakt ist: Nur wenige Tiere wie beispielsweise Bonobos, Kapuzineraffen, Makaken und Delfine genießen den Akt und haben wie wir auch Sex, der nicht ausschließlich darauf abzielt, Nachkommen zu zeugen. Hier alle unterschiedlichen Arten der Fortpflanzung aufzuzählen, würde den Rahmen sprengen. Aber ich möchte Euch einige charakteristische Beispiele vorstellen, die zeigen, dass Sex auch ganz anders ablaufen kann.
Achtung: Empfindliche Gemüter sollten jetzt nicht mehr weiterlesen.
Sex bei Insekten
Insekten haben eine innere Befruchtung und besitzen ebenfalls einen Penis bzw. eine Vagina. Die Männchen deponieren ihre Spermapakete in spezielle Samentaschen (Receptaculum seminis) der Weibchen. Dort reifen sie nach. Das Besondere ist, dass die Weibchen den Zeitpunkt der Befruchtung selbst steuern und zudem wählen, welche Spermien die Glücklichen sein dürfen. Bitte behaltet das beim Weiterlesen im Hinterkopf.
Sexuelle Belästigung
Das Leben eines Insekten-Weibchen ist nicht gerade rosig. Sie wird umlagert von Männchen, die alle nur das Eine wollen und dabei noch äußerst schlechte Manieren an den Tag legen. Sie verfolgen die Weibchen auf Schritt und Tritt, bedrängen sie, sitzen auf ihnen oben drauf, lassen sich herumtragen, ziehen sie mit und so weiter. Manchmal wochenlang! Der ganze Aufwand dient dazu zu verhindern, dass andere Männchen beziehungsweise deren Spermien zum Zug kommen.
Furchtfliegen bei der Paarung - Foto: Kurt - orionmystery.blogspot.com
Folterinstrumente
Fruchtfliegen haben winzige Spitzen, die aus dem Penis ragen und als Widerhaken fungieren. Um herauszufinden, wozu diese Spitzen dienen, haben Wissenschaftler diese Auswüchse mit einem Laser „rasiert“. Kein Scherz! Es zeigte sich, dass diese Haken während der bis zu 10-minütigen Fortpflanzung verhindern, dass das Weibchen flüchtet, bevor das Männchen fertig ist.
Penis von Drosophila bipectinata. Man kann deutlich die Widerhaken erkennen. (Polak M and Rashed A. 2010. Microscale laser surgery reveals adaptive function of male intromittent genitalia. Proc R Soc B. DOI: 10.1098/rspb.2009.1720)
Brutaler geht immer - Der Sex bei Samenkäfern
Die Samenkäfer (Bruchinae) sind eine Unterfamilie der Blattkäfer (Chrysomelidae) und mit einer Größe von maximal 5 mm recht winzige Gefährten. Die Larven dieser Käfer entwickeln sich in Hülsenfrüchten wie zum Beispiel Erbsen oder Bohnen. Beim Vierfleckigern Bohnenkäfer wurde die Fortpflanzung näher untersucht und festgestellt, dass es beim Sex noch brutaler zugeht als bei den Fruchtfliegen. Der Penis des Männchens ist übersäht mit dünnen Dornen, die den Fortpflanzungstrakt des Weibchens schädigen. Das Weibchen versucht, das Männchen daher so schnell es geht abzuschütteln, denn je länger der Akt dauert, desto tiefergehend ist die Verletzung. Doch warum die ganze Quälerei? Ich hatte vorher angesprochen, dass viele weibliche Insekten das Sperma der Männchen speichern können und die Eier daher nicht sofort befruchtet werden müssen. Das bietet anderen Männchen die Chance, ebenfalls ihr Sperma an die Frau zu bringen. Ist nun aber dieses Speicherorgan geschädigt, kann das Weibchen das Sperma nicht aufbewahren, und das Sperma gelangt direkt zu den Eiern. Andere Männchen kommen dann nicht mehr zum Zug. Übrigens haben nicht nur Insekten Penisse, die mit Dornen gespickt sind. Man findet sie auch bei Katzen, Fledermäusen und Hyänen.
Foto eines Vierfleckigen Bohnenkäfers (Callosobruchus maculatus) von Simon Hinkley & Ken Walker, Museum Victoria - This image is found here at PaDIL, a source of images designed for Biosecurity and Biodiversity. This tag does not indicate the copyright status of the attached work. A normal copyright tag is still required. See Commons:Licensing for more information. PaDIL, CC BY 3.0 au, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=20930881
Stachliger Penis eines Vierfleckigen Bohnenkäfers (Callosobruchus maculatus) von Johanna Rönn, Department of Animal Ecology, Uppsala University. CC BY-SA 1.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=6398807
Tut der Sex auch mal den Männchen weh?
Selbstverständlich gibt es auch zahlreiche Beispiele, bei denen die Männchen zu Schaden kommen. Man denke nur an die Wespenspinne, die häufig die viel kleineren Männchen verspeist, wenn diese sich nicht vorsichtig genug anschleichen. Auch bei vielen Springspinnen-Arten veranstaltet das Männchen wahrliche Balz-Tänze, um das Weibchen milde zu stimmen. Doch diese führen nicht immer zum Erfolg, zumindest für das Männchen.
Balzendes Aelurillus v-insignitus-Männchen. Es geht in die Zehenspitzen, das vordere Beinpaar hält es nach oben und - tanzt! Foto: Roland Günter
Ein weiteres Beispiel sind die Honigbienen. Frisch geschlüpfte Königinnen starten nach etwa sechs bis zehn Tagen einen sogenannten Hochzeitsflug, um sich mit mehreren Drohnen (Männliche Bienen) zu paaren. Deren Spermien bewahren sie in ihrer Samenblase bis an ihr Lebensende auf. Die Paarung findet während des Fluges statt, wobei die Drohnen durch ein Pheromon angelockt werden und zu Tausenden versuchen, sich mit der angehenden Königin zu paaren.
Penis einer Bienen-Drohne. By Michael L. Smith (Own work) [CC BY-SA 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons
Die glücklichen Drohnen, die bei der Königin zum Zuge kommen, haben allerdings ein Problem, denn nach erfolgreicher Spermaabgabe bleibt der Penis der jeweiligen Drohne stecken und die Männchen fallen vom Himmel und sterben. Das dient dazu, dass die Königin von keinem weiteren Männchen befruchtet werden kann. Doch auch hier hat sich die Evolution etwas einfallen lassen und den Penis der Drohnen mit einem Haken ausgestattet, der den Penis des Vorgängers entfernt.
Quellen:
Polak M and Rashed A. 2010. Microscale laser surgery reveals adaptive function of male intromittent genitalia. Proc R Soc B. DOI: 10.1098/rspb.2009.1720)
Empfehlung:
Guter Film, bei dem man die Paarung der Honigbienen mit einzigartigen Aufnahmen sehen kann.
Kommentare
Interessanter Bericht !…
Interessanter Bericht !
Das ist ja ganz schön grausam bei den Insekten, da hätte die Natur sich aber was angenehmeres einfallen lassen können, oh weia...
LG Christine
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