Drei kleine Trauermücken

Just in dem Moment, als letzten Sonntag etwas Frust aufkam, aufgrund des schlechten Wetters und mangelnder Inspiration für eine Makro-Session, sind mir 3 Trauermücken vor der Nase umhergeflogen. Offenbar sind sie mit einem Minze-Pflänzchen eingereist. Mit Freude habe ich die letzen Tage dann viele Stunden mit den Trauermücken und der Recherche verbracht. Ich hoffe es ist von Interesse, das hier zu teilen. Mir war es wieder eine Lehre ... es gibt überall und immer Motive.

Trauermücken (Sciaridae) sind sehr artenreich (über 1800 Arten) und auf der ganzen Welt verbreitet. Sie zählen zu den Mücken, können aber nicht stechen, sondern nutzen die zarten Mundwerkzeuge u.a. zur Aufnahme von Flüssigkeiten und zur Körperpflege. Die Imagines leben nur etwa 5 Tage und in dieser Zeit geht es eigentlich nur um paaren, trinken und freudig umherfliegen. Nach längerer Beobachtung habe ich den Eindruck, dass diese Tiere furchtloser leben als viele andere Insekten. Ich konnte meinen Finger direkt vor die Tiere legen, ohne Fluchtverhalten auszulösen. Als eine Spinne durch den Blumentopf lief, ist eine Trauermücke sogar neugierig hinterher gewatschelt. Vielleicht macht es für Mutter Natur einfach Sinn, diese Tiere mit Lebensfreude und Mut auszustatten, um die kurze Lebenszeit nicht mit Sorgen zu füllen :-). Die Larven leben in der Erde und ernähren sich von (meist abgestorbenen) Pflanzenteilen oder Pilzen und zählen damit zu den elementaren Organismen, die den unteren Teil der Nahrungskette beleben und die Humusbildung unterstützen. Interessant fand ich auch, dass es sich um "rein weibliche Vererbungslinien" handelt. Die Männchen geben also nur die Gene weiter, die sie von der eigenen Mutter erhalten haben. Eine Suche im Netz führt leider direkt zu negativen Sichtweisen und Suchvorschlägen wie "loswerden, bekämpfen, falle". Nach meinem Kenntnisstand ist jedoch die potentielle Schadwirkung erst bei einer größeren Ansammlung relevant. Ich habe immer Verständnis für ein gesundes Maß und auch bei anderen Tieren, wie z.B. Lebensmittelmotten, müssen manchmal auch harte Entscheidungen her. Entweder Motten züchten oder Lebensmittel lagern. Bei ein paar Trauermücken an einer Pflanze daheim, könnte man zunächst prüfen, ob hier wirklich ein "bedrohlicher Befall" (meistens werden die Wurzeln gar nicht angenagt) vorliegt und im Zweifel auch einen Versuch mit Hausmitteln wie Quarzsand wagen. Da das Tier weltweit eine wichtige Rolle in Ökosystemen spielt, ist die Sichtweise, dass es sich nur um Schädlinge handelt schon seltsam. Wir kennen sie zumeist als Blumentopfbewohner (im Unterschied zu den Fruchtfliegen), aber sie sind überall und werden aus diesem Grund auch überall gebraucht.

Da diese Art nur gut 2mm groß ist, musste ich mit großen ABM arbeiten. Beginnende Beugungsunschärfe, Treffen der Schärfe und auch Bewegungsunschärfe (trotz Blitz) waren hierbei meine Herausforderungen und auch Probleme. Ich nutze weder Stative noch (bisher) Fokus-Stacking und komme bei so einem Motiv schon sehr an meine Grenzen. Da ich hohe ISO-Werte vermeiden wollte und nahezu die volle Blitzleistung verwendet habe, ist mit einer Abbrenndauer von ca. 1/400s wohl ein komplettes Einfrieren (vor allem meiner Verwacklungen) nicht garantiert. Beim nächsten Mal würde ich eher die Blitzleistung (Abbrenndauer) reduzieren.

Bild 1+2: ABM 2:1, APS-C, 1/160s, f/11, ISO200, Laowa Makro 65mm, Blitzlicht, Diffusor, Bild in Originalhöhe (quadratischer Beschnitt)

Bild 3: ABM 2,5:1, APS-C, 1/160s, f/9, ISO200, Laowa Makro 65mm, 16mm Zwischenring, Blitzlicht, Diffusor, quadratischer Beschnitt (hier habe ich nochmal gut beschnitten aber noch über 3100px Kantenlänge anzubieten)     

 

Kommentarbereich

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Makronist

Hallo Rob,

sowas "aus der Hand" zu knipsen ist schon eine Meisterleistung! Die Augen sind knackscharf, man kann die einzelnen Facetten erkennen (das ist für mich immer so der Test, ob ich die Bilder gleich in den Papierkorb trete...)!  Alles geht bei diesen ABMs ohne Stacking nicht scharf (die Schwingkölbchen wären noch interessant gewesen...).

Vielen Dank auch für die Infos zur Biologie, immer wieder interessant!

Schöne Grüße

Uli

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Makronist

Hallo Rob,

deine Bilder und deine Recherchearbeit sind (zumindest bei mir) von Interesse. Ich mag das sehr, wie du dich mit deinen (lebenden) Motiven auseinandersetzt. Da spüre ich eine Geistesverwandtschaft: Es geht nicht nur um das tollste Foto, da gibt es eine weitere Dimension, die ich persönlich mindestens genauso wichtig finde.

Deshalb: Danke für deine Mühe und Bereitschaft, das erworbene Wissen hier zu teilen!

Liebe Grüße

Ingo 

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MOD

Hallo Rob,

alle Bilder, besonders Bild drei ,sind der Hammer! Kann mich den anderen nur anschließen. Und die Infos dazu. Super! Da freut man sich doch. Wieder etwas gelernt. ;-)

Liebe Grüße

Gabi

 

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Makronist

Hallo Rob,

in der Tat, tolle Bilder und super Hintergrundinformationen. Ich werde mal Ausschau halten, ob sich das auch in meinen Blumentöpfen tummelt.

Liebe Grüße

Inga

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Makronist

Hallo zusammen,

ihr seid toll! Danke für die schönen Rückmeldungen! Leider konnte ich die Art nicht bestimmen. Weiter als bis "Bradysia" bin ich nicht gekommen.

Zur Ergänzung noch folgende Bilder:

- anderes Geschlecht (deutlich hellerer Körper): vermutlich ein Männchen, weil in der Unterzahl

- Anblick von vorne: zur Ergänzung der Seitenansichten

- Landung (mit Bewegungsunschärfe): eine Flugaufnahme wollte nicht gelingen ;-)

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MOD

Wow, super Rob! Sehen klasse aus, deine Mücken. Danke für deine nachträglichen Einstellungen. Da hätten wir aber mächtig was verpasst. :-)

Ich habe nur eine Schmetterlingsmücke fotogr. " erlegt". ;-)

Liebe Grüße

Gabi

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