MAKRO-BLITZEN – Die Sache mit dem Hintergrund, Teil 2
Beim Einsatz von Blitzlicht in der Makrofotografie taucht immer wieder das leidliche Problem mit der Hintergrundgestaltung auf. Hierzu habe ich im ersten Teil eine Möglichkeit gezeigt, wie Du die häufig vorkommenden, furchtbaren schwarzen Löcher vermeiden kannst. In diesem zweiten Teil zeige ich Euch einen weiteren Trick, um trotz Einsatzes des Blitzes eine ausgewogenere Hintergrundgestaltung zu erreichen.
Im ersten Teil ging es darum, hinter einem Motiv nicht ins Nirvana zu blitzen, sondern auf Reflexionsflächen im Hintergrund zu achten. Das ist die Hauptmethode, um die gräßlichen schwarzen Hintergründe ("schwarze Löcher") zu vermeiden.
Aber es ist, vor allem in der Makro-Wildlife-Fotografie, nicht immer möglich, Reflexionsflächen hinter das Hauptmotiv zu "organisieren", die das Blitzlicht zurückwerfen. Fummelt man hier ewig rum, bis vielleicht dann endlich alles passt, ist entweder das Insekt weggeflogen, eingeschlafen oder die Pflanze verblüht -:).
Zunächst zum besseren Verständnis ein paar allgemeine Erklärungen:
In der Regel wird die Wildlife-Makrofotografie tagsüber, also bei Tageslicht, durchgeführt. Beim Einsatz von Blitzen entstehen dann immer zwei Parallelbilder: ein Bild, das durch das Blitzlicht ausgeleuchtet wird, und ein weiteres, dessen Belichtung sich aus dem Tageslicht heraus speist, das während der Verschlusszeit der Kamera (Blitzsynchronzeit) auf den Sensor trifft.
Ein Beispiel: Die meisten Systemkameras von heute verfügen über eine Blitzsynchronzeit von 1/250 Sekunde. Der Verschluss ist also bei Abgabe eines Blitzes 1/250 Sekunde offen. Während dieser 1/250 Sekunde zündet der Blitz mit einer Leuchtzeit von zum Beispiel 1/8000 Sekunde (je nach Einstellungen und Blitztyp, aber die 1/8000 Sekunde entspricht einem typischen Wert). Das kurze Licht von 1/8000 Sekunde reicht vollständig aus, um das Bild korrekt zu belichten.
Gleichzeitig fällt aber zusätzliches Licht - nämlich helles Tageslicht - während der gesamten, "langen" 1/250 Sekunde Verschlusszeit auf den Sensor, belichtet diesen ebenfalls und erzeugt damit ein weiteres Bild. Nun ist aber in der Regel das Blitzlicht so stark, dass es alles Andere überlagert und das zweite Bild unsichtbar bleibt. Ist das Blitzlicht dennoch schwächer und das Tageslicht sehr hell (volle Sonneneinstrahlung), entstehen unschöne Doppelkonturen, sogenannte "Geisterbilder", die bei sich bewegenden Motiven das Foto unbrauchbar machen.
Es kommt also auf das Verhältnis der Helligkeit des Blitzlichts gegenüber der "Resthelligkeit" des Tageslichts an: Je größer der Unterschied (also je heller das Blitzlicht gegenüber dem Tageslicht), desto mehr setzt sich das Blitzlicht durch und bestimmt alleine die Belichtung des Bildes.
Und genau hier kannst Du einen Hebel ansetzen! Sorge dafür, dass dieses Verhältnis leicht zugunsten des Tageslichtanteils verschoben wird. Das kannst Du zum Beispiel durch die Erhöhung der Lichtempfindlichkeit des Sensors erreichen - ganz einfach über die ISO-Einstellung. Bei niedriger ISO 100 benötigt der Sensor für eine korrekte Belichtung viel Licht. Beim Einsatz von Blitzlicht heißt das: Der Blitz muss ordentlich Licht raushauen. Ergebnis: Er übernimmt einen großen Anteil an der Belichtung des Bildes.
Das entsprechende Foto siehst Du hier (übrigens eine Gänseblümchenblüte, die im Begriff ist aufzublühen):
Ergebnis: ziemlich dunkler Hintergrund (am hellichten Tage!!), der schon als "schwarzes Loch" durchgeht, und eine stark angestrahlte (-geblitzte) Gänseblümchen-Blüte! Dieses unschöne Phänomen habe ich detailliert in Teil 1 beschrieben.
Bei der ISO-Einstellung 200 verdoppelt (!) sich die Lichtemfpindlichkeit des Sensors. Jetzt muss der Blitz nur noch halb so viel Licht abgeben wie bei ISO 100, um bei gleichen Bedingungen das Bild korrekt zu belichten:
Und hier taucht nun bereits ein leichter Farbton mit Braun und Grün im Hintergrund auf. Es ist noch nicht viel, aber ein "schwarzes Loch" ist es auch nicht mehr.
Erhöhst Du nun die ISO-Stufe um einen weiteren vollen Wert auf 400, verdoppelt sich die Lichtempfindlichkeit nochmals, und gegenüber der Einstellung ISO 100 ist der Sensor nun sogar vier mal lichtempfindlicher. Der Blitz gibt nochmals weniger Licht ab. Das Tageslicht aber bleibt dabei immer gleich stark und übernimmt somit einen zunehmend größeren Anteil an der Gesamtbelichtung des Bildes. Der weit entfernte Hintergrund - der zu weit entfernt ist, um das Blitzlicht aufzufangen und in ausreichender Stärke zurückzureflektieren (siehe Teil 1) - wird nun aufrund seiner Belichtung durch das Tageslicht sichtbar:
Gleichzeitiger, schöner Nebeneffekt: Auf die Blüte "prallt" weniger starkes Blitzlicht. Dadurch ist sie deutlich weicher belichtet.
TIPP:
Ist es nicht möglich, im Hintergrund eine Reflexionsfläche zu platzieren, verstelle den ISO-Wert Deiner Kamera um eine bis drei volle Stufen. Ergebnis: Der Hintergrund wird in der Regel aufgehellter wiedergegeben.
Übrigens: Habe keine Angst vor zu viel Qualitätsverlust durch das Verstellen des ISO-Wertes um etwa ein bis drei Stufen. Natürlich! - Innerhalb eines gegebenen Spielraums sollte man immer den möglichst niedrigsten ISO-Wert wählen. Aber überzogene Vorstellungen sind hier nicht weiterführend.
Über die Auswirkungen dieses Qualitätsverlustes wird viel geredet, verglichen und gewarnt! Dies ist meistens Unsinn und entbehrt jeder Grundlage. Die Sensoren moderner Kameras sind heute so gut, dass die dadurch bedingten Qualitätsverluste so gering sind, dass sie nur noch eine untergeordnete Rolle spielen. Es bringt hier überhaupt nichts, theoretische Werte miteinander zu vergleichen und über diese festgestellten Unterschiede regelrechte Schlachten zu führen! Entscheidend sind die Auswirkungen bzw. eventuellen Einschränkungen in der Praxis. Und ich habe schon unzählige Fotos bis hin zu vollformatigen Titelseiten veröffentlicht, die ich nicht mit dem "niedrigsten" ISO-Wert aufgenommen habe - die aber dafür spannende Inhalte und Aussagen lieferten. Noch nie hat mir ein Verlag wegen zu hoher ISO-Werte die Fotos um die Ohren gehauen!
Also, ruhig Mut zu dem hier beschriebenen Schritt. Denn schließlich geht es um die Wahl zwischen zwei "Übeln": schwarze Löcher oder etwas mehr Rauschen. Und schwarze Löcher sind da mit Sicherheit die schlechtere Wahl.
Hier siehst du noch weitere Beispielbilder mit entsprechenden Aufnahmedaten, die den oben beschriebenen Effekt verdeutlichen:
Anmerkung:
Natürlich sind dies alles keine Motive, bei denen der Einsatz von Blitzlicht nötig oder generell sinnvoll ist. Ich habe diese Fotos als Ansichtsfotos erstellt, um den beschriebenen Effekt zu verdeutlichen.
In diesem Sinne viel Spaß beim hoffentlich erfolgreichen Versuch, schwarze Löcher zu vermeiden, und - "Gut Licht",
Roland Günter
Weiterführende Artikel zu diesem Thema hier auf Makrotreff:
MAKRO-BLITZEN – Die Sache mit dem Hintergrund, Teil 1 - von Roland Günter
Roland Günter ist Betreiber von Makrotreff und Chefredakteur von MAKROFOTO. Der Dipl. Forst-Ingenieur betreibt die Makrofotografie hauptberuflich und verwaltet ein umfangreiches biologisch-wissenschaftliches Bildarchiv.
Der Kern seiner Arbeit liegt in der Dokumentation biologischer Vielfalt. Zu diesem Themenkomplex werden seit vielen Jahren seine Fotos und Reportagen im In- und Ausland in vielen gängigen Zeitschriften und Buchproduktionen publiziert.
Einen weiteren Schwerpunkt seiner Tätigkeit bildet die von ihm auf professionelles Niveau gehobene künstlerisch-kreative Vintage-Makrofotografie – also die Fotografie mit alten Objektiven an modernen Sensoren. Unter anderem hat er den einzigartigen Multivisions-Vortrag Fotografie mit Flair – Malen mit der Kamera konzipiert und neben anderen Events bei den Internationalen Fürstenfelder Naturfototagen vor großem Publikum gehalten.
Kommentare
Guten Abend, als Freund und…
Guten Abend, als Freund und Fotograf der unter anderem auch in der Makrowelt lebt und auch fotografiert, bin ich auf das Erste von den Seiten, Tipps, Empfehlungen hellauf begeistert. Auf Details kann ich noch nicht eingehen, ich werde mich aber sicher noch melden. Als erstes den Betreibern und Erstellern der für mich tollen Seiten herzlichen Dank. Sicherlich werde ich auch den Newsletter bestellen, wie auch mich registrieren.
Noch Einmal Danke und alles Gute im Sinne der Makro-Objekte !!! Viele Grüße Hermann
hallo, roland, meine…
hallo, roland,
meine ideen wären noch:
belichtung auf den hintergrund mit belichtungsspeicher.
dabei entstehen vielleicht auch ein paar geisterkonturen...
oder zweiter blitz ( handgehalten ) auf den hintergund
gruß
felge
ADMIN
Hallo felge, korrekt, beide…
Hallo felge,
korrekt, beide Möglichkeiten würden zu einer Aufhellung des Hintergrunds führen.
Aber beide Möglichkeiten "verkomplizieren" sehr stark den Fotografier-Vorgang: Erstere benötigt einige Zeit, die gegebenenfalls (z.B. bei Insekten) nicht vorhanden ist. Zweitere setzt einen Stativeinsatz voraus, damit eine Hand für den Blitz frei ist. Ich jedoch mache die Fotos alle freihand und bin damit beweglich, kann auf Veränderungen blitzschnell reagieren, ohne mit Stativbeinen am Lebensraum zu wackeln :-).
Lieber Gruß,
Roland
Hallo Roland, durch diesen…
Hallo Roland,
durch diesen Artikel habe ich wieder ein sehr wertvolles Detail für die Makro-Fotografie erfahren.
Leider habe ich Teil 1 wohl "verschlafen" ..........................
Lieben Gruß
Brigitte
ADMIN
Hallo Brigitte, freut mich,…
Hallo Brigitte,
freut mich, dass der Artikel hilfreich war.
Ich bin mir nicht sicher, ob ich Dich richtig verstehe. Hast Du den Teil 1 nicht gefunden? Falls dem so ist, hier ist er:
MAKRO-BLITZEN – Die Sache mit dem Hintergrund, Teil 1
Lieber Gruß und ein schönes Wochenende,
Roland
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