Makrofotografie im Feegletscher

Makrofotografie im Feegletscher

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Makrofotografie im Feegletscher

Mo., 07/01/2019 - 22:15
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Es war irgendwann im Sommer - Ich saß gerade auf einer Bank inmitten der Natur und genoss die wärmenden Strahlen der Sommersonne auf meiner Haut, als mich ein überraschender Anruf aus der Schweiz aus meinen Träumen riss: Peter Wagner von der Saastal Marketing AG war am Apparat und teilte mir mit, dass sie dringend einen Makrofotografen bräuchten, der hoch oben auf 3500 Meter Makroaufnahmen in einer Gletschergrotte machen solle, am besten sofort.

Meine ersten Gedanken waren geprägt von Skepsis: „Jetzt, im warmen Sommer, ins bitterkalte Eis? Was ist mit der Höhenkrankheit auf 3500 Meter? Und was soll man dort schon fotografieren können außer Schnee?“ Trotz aller Gedanken brachte ich noch ein „Klingt interessant, ich überlege es mir“ über die Lippen, und wir vertagten unser Gespräch.

Nach einigem inneren Hin- und Her war es für mich dann plötzlich klar: „Ich mach’s einfach!“ Somit wischte ich alle Bedenken beiseite und ließ mich auf das Abenteuer ein. Zwei Tage später fuhr ich also in die Schweiz, in den wunderschönen Bergort Saas-Fee.

Saas-Fee liegt auf knapp 1800 Meter am Fuße des Allalin, umgegeben von 11 Viertausendern. Zum Gipfel des Allalin gelangt man mit der Bergbahn, die einen bis auf 3500 m bringt und wo sich auch mein Arbeitsplatz für die nächsten sieben Tage befinden sollte: der Eispavillon – eine riesige Gletschergrotte aus Eis, die zu diesem Zeitpunkt von Eiskünstlern und anderen Bergarbeitern neu hergerichtet und renoviert wurde.

Der Gipfel des Allalin

Nach einer kurzen Führung durch die eisigen Gänge war ich auf mich allein gestellt. Schon beim Betreten des Eispavillons war ich fasziniert gewesen, und jetzt, mit der Kamera in der Hand, konnte ich gar nicht mehr aufhören zu fotografieren. Überall entdeckte ich plötzlich eisige Motive. Der Feegletscher hatte mich in seinen Bann gezogen.

Peter Wagner am Ausgang des Feengletscher

Ein Gang des Feegletschers

Das Fotografieren in den eisigen Gängen war eine Herausforderung. Die Temperaturen lagen etwas unter dem Gefrierpunkt, was sich durch das ständige Halten der Kamera schnell in meinen Fingern bemerkbar machte. Ein weiteres Problem war die Beleuchtung. Es gar zwar bereits Lampen in der Gletschergrotte, die gaben aber kein brauchbares Licht für meine frostigen Motive. Deshalb verwendete ich zwei externe Blitze die ich frei positionieren und per Funk auslösten konnte. Sobald ich ein Motiv gefunden hatte vergaß ich auch recht schnell die Kälte um mich herum.

Ich beim Fotografieren im Eispavillon

Das höchste Drehrestaurant der Welt

Gegen Mittag konnte ich mich zum Glück immer im höchsten Drehrestaurant der Welt bei einer heißen Suppe aufwärmen und danach wieder ein paar Stunden im Gletscher fotografieren. Dann ging es zurück ins Hotel, wo die Nachbearbeitung der Fotos anstand:  Importieren, Sortieren, Focus Stacks zusammenrechnen und die finale Bildbearbeitung.

Der Ausstellungsraum der Vernissage zur Eröffnung des Eispavillons in Saas-Fee

Die Makrofotografien die dort oben entstanden sind, wurden dann bei der Eröffnung des Eispavillons in Saas-Fee im Zuge einer kleinen Vernissage gezeigt und finden sich zudem in einer Hochglanz-Broschüre über den Eispavillon wieder.

Alles in allem war es für mich ein unvergessliches Erlebnis, welches mir trotz der harten Bedingungen sehr viel Freude bereitet hat! Ich kann nur jedem empfehlen dort mal vorbeizuschauen. Es lohnt sich! Auch für Makronisten.

DIE FOTOS

Wenn Wasser gefriert bilden sich wunderschöne, filigrane Eiskristalle, wobei keiner dem anderen gleicht. Von mächtigen und ausladenden Formen bis hin zu fein verästelnden Strukturen die winzigen Bäumchen ähneln - die Natur kennt keine Grenzen und bietet uns Makronisten einzigartige Motive.

Eiskristall n°1

Eiskristall n°2

Eiskristall n°3

Eiskristall n°4

EISKRISTALL AUF BOHRER IM EISPAVILLION IN SAAS-FEE - Die Eiskünstler und Bergarbeiter verwendeten Bohrer wie diese, um das dicke Gletschereis zu bearbeiten. So kam mir die Idee für dieses Motiv. Größe etwa 1-2 cm, Stack aus 12 Einzelbildern, Sony a7rII, f/8, ISO: 160, 1/160 s

Für die Beleuchtung des Eispavillons wurden Kabel verlegt. Hier sieht man ein Kupferkabel mit einem Eiskristall.

Eisstrukturen

throne of ice mit Makronist

Mit den einzigartigen LED`s die im Eispavillon verbaut wurden, konnten die Eisstrukturen gekonnt in Szene gesetzt werden. Die Besonderheit dieser LED`s: Sie strahlen keinerlei Wärme ab und bringen somit kein Eis zum schmelzen.

Schmelzendes Gletschereis in Saas-Fee - Mit diesem Foto wollte ich auf das Schmelzen des Feegletschers aufmerksam machen. In den letzten Jahrzehnten ist dieser massiv zurückgegangen und es wird nicht mehr lange dauern bis er ganz verschwunden ist.

Oberfläche des Gletschereises

Flamme und Eis im Eispavillon in Saas-Fee. Mit diesen Brennern arbeiteten die Eiskünstler und erschufen damit faszinierende Formen und Gestalten aus Kunst-Eis.

Details der Kette eines PistenBully

Details der Kette eines PistenBully

Details der Schaufel eines PistenBully

Im Geröll auf 3500 m, gab es außer Eis noch viel mehr zu entdecken. Wie zum Beispiel diese wunderschönen Blumen (siehe nächstes Foto):

Gegenblättriges-Steinbrech (Saxifraga oppositifolia)

TIPP: Schneeflocken sind ebenfalls ein tolles, frostiges Motiv! Wie man diese am besten Ablichten kann erfährst Du in unserer zweiten Ausgabe von Makrofoto, die wir diesen wunderschönen Schneekristallen gewidmet haben.
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Valentin Gutekunst ist der Gründer von Makrotreff und Herausgeber von Makrofoto und selbst ein ambitionierter Makrofotograf. Mit seinen Fotos möchte er den Menschen die Faszination und Schönheit der Natur und deren Geschöpfe wieder näher bringen. Und damit das Bewusstsein schaffen, dass es gilt diese Artenvielfalt zu bewahren! Neben der Aufklärungsarbeit rund um die biologische Vielfalt, gibt er sein Wissen und seine Erfahrung mit viel Freude und Engagement weiter und auch aus seinen Makrotricks macht er kein großes Geheimnis.

Kommentare

Profile picture for user Flora1958

MOD

Hallo Valentin,

ein sehr schöner Bericht von deiner Gletscherarbeit in Saas-Fee!

Deine Fotos sind alle  wieder sehr sehenswert! Ganz besonders finde ich das Eiskristall an der Bohrerspitze. Es sieht aus, als ob es aus der Bohrerspirale hinausgewachsen ist, ganz geradlinig, in Schübe nach vorn, mit  gefransten Eiskristallen zum Abschluß! Klasse!

Liebe Grüße

Gabi

Profile picture for user Thomas Boll
Erstellt von Karl Prix (nicht überprüft) on Fr., 18/01/2019 - 12:45 Permalink

Danke für diesen interessanten Bericht. Das muß ein irrsinnig tolles Erlebnis gewesen sein. Auf Grund des Berichtes habe ich Lust dort hin zu fahren. Daher die Frage: darf jedermann im Gang des Gletschers fotografieren, und darf man alleine durch die Gänge? Also ohne Führung und nur in der Gruppe ?

Liebe Grüße Karl

Profile picture for user Valentin

ADMIN

Hi Karl

der Eispavillon in Saas-Fee liegt auf 3500 m. Bisher war es so, dass wenn Du das Ticket für die Bergbahn hast, damit auch dort reinkommst. Man braucht keinen Führer und kann alleine rein. Alleine das Erlebnis ist es wert! Dann einfach zu Zeiten hin wo wenig Touris oben sind und du hast ruhige Schussbahn für deine Fotos ;-)

Beste Grüße,

Valentin

 

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