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ADMIN

Objektive Bildsprache

Lieber Sigi,

das ist natürlich richtig, Geschmäcker sind verschieden.

Dennoch gibt es neben der ganzen Palette individueller Spielräume bei der Bildgestaltung einige Bereiche, die einer gewissen Objektivität unterliegen und damit zunächst einmal eine Allgemeingültigkeit aufweisen. Hier spricht man von Bildsprache, die nur dann Sinn macht, wenn der Sender (bei uns der Makronist) und Empfänger (der Bildbetrachter) die gleiche (Bild-)Sprache sprechen, sich also gegenseitig verstehen.

Du kannst Deine Intention sich in der Herbststimmung verabschiedende Pflanze fotografisch deutlicher festhalten, in der Bildsprache klarer formulieren – und zwar bereits mit wenigen fotografischen Handgriffen. Setze die Pflanze in die linke Bildhälfte und lasse sie andächtig, über ihr vergehendes Pflanzenleben philosophierend, in die dann leere rechte Bildhälfte schauen. Setzte dabei die Pflanze in eine zur rechten Leere harmonisierenden Größe, sodass nichts in der Wahrnehmung dieser Aussage stört oder bestenfalls von ihr ablenkt.

Alternativ dazu bietet sich aufgrund der aufrechten, länglichen Grundform der Pflanze das Hochformat an. Hierbei ist dann das Gleiche zu beachten: Positionierung auf die linke Drittellinie mit Blick ins leere, offene Bild nach rechts. Hierbei ist die Wirkung der Leere jedoch nicht ganz so deutlich, weil sie nicht so viel Bildfläche einnimmt. Diese Dosierung steuerst Du beispielsweise durch der Sprache der Bildgestaltung. Das ist der Stift in der Hand des Fotografien, dessen Schrift der Betrachter lesen kann.

Bei Deinem Foto hast Du also etwas Klarheit in der Bildsprache infolge der bildmittigen Positionierung des Hauptmotivs verschenkt. Die Folge: Das, was Du mit Deinem Foto eigentlich sagen willst, ist nicht das Einzige, was beim Betrachter ankommt. Zusätzlich verwirren den Bildbetrachter andere Merkmale, die als unharmonisch, wenig spannend oder eben als "zu leer" wahrgenommen werden. Dies kann mittels einer klaren, eindeutigen Bildsprache vermieden werden.
Bei der Anwendung einer Bildsprache ist es also auch entscheidend, störende oder ablenkende Aussagen (die sich meistens durch fotografische Fehler ergeben) zu vermeiden. Denn die lenken den Bildbetrachter von der eigentlichen Aussage ab, verwässern also die Bildsprache. Deshalb ist es (neben dem Erlernen eines guten Bildaufbaus) so wichtig zu lernen, klassische Bildfehler zu erkennen und zu vermeiden.

Ich beschreibe dies deshalb mal so stark differenziert und aufgebröselt, weil genau in dieser Form über Bilder miteinander gesprochen wird. Dem zugrunde liegen objektive Wahrnehmungen, die sich bei vielen beziehungsweise den meisten Menschen als ähnliche Muster zeigen und deshalb berechtigt verallgemeinert werden dürfen. Es lohnt sich also, die Bildsprache zu erlernen – genau das ist einer unserer Hauptanliegen hier bei Makrotreff.

Lieber Gruß,

Roland 

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