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ADMIN

Selbst- und Fremdwahrnehmung von Fotos

Hallo Marny,

siehste, und da sind wir bei einem anderen Problem. Bei dieser Bildeinstellung hast Du die tolle Making-Off-Geschichte, oder besser gesagt die Backdoor-Story, nicht mitgeliefert. Der Bildbetrachter, hier durch meine Ausführungen zum Ausdruck gebracht, sah nur den staksig ins Bild gesetzten Senf-Stängel – und wundert sich, kratzt sich gegebenenfalls grübelnd am Hinterhals, kommt bestenfalls zum Ergebnis, dass er das Foto nicht so richtig versteht bzw. das, was die Makronisten damit aussagen will. Und klar, genau so war es ja dann auch. Er hat´s nicht verstanden. Warum? Weil es eine Backdoor-Geschichte mit schlammigen Inhalten gibt, die eine große Rolle bei der staksigen Platzierung spielt.

Das muss man als (Makro-)Fotograf immer bedenken. Der Bildbetrachter kennt kein Leiden, keine Qualen, keine Unglücke, keine Freudentaumelgefühle oder ähnliches, die den Makronisten während des Schaffungsprozesses seines Werkes heimsuchten. Somit kann er all diese Gefühle und Geschehnisse nicht in seine Empfindung oder Bewertung des Bildes mit einbeziehen. Er hat also völlig andere Voraussetzungen beim Betrachten des Bildes als sein Schöpfer (natürlich des Bildes – grins).

Was folgt daraus?

Entweder muss das Bild so, wie es ist, genügend Aussagekraft haben, um seinen Betrachter zu erreichen bzw. zu berühren.
Oder das, was den Makronisten tragisch begleitet hat bei der Erstellung des Fotos, wird mit dem Foto mitgeliefert, sodass der Betrachter dieses Wissen dann mit in seine Betrachtung einfließen lassen kann.

Hierbei stellt sich natürlich immer die Frage, ob die Geschichten um das Bild herum es auch wirklich wert sind, mitgeliefert zu werden. Denn der Betrachter befindet sich nunmal nicht hinter der Kamera und vor dem Motiv bei 40 Grad Schattentemperatur, seit 7 Stunden völlig dehydriert, die Bandscheibe bereits zweimal herausgesprungen und mit beiden Füßen knöcheltief in einem warmen Kuhfladen. Nein, er sitzt entweder bequem auf seinem Sessel und schaut in einen Monitor. Oder er steht vor einer Wand, an der das Bild hängt, in einem schön temperierten Raum und nach einer Tasse Kaffee mit einem Stück Marzipantorte.

Das, was ich hier schreibe, ist übrigens der Hauptgrund für das häufige Auseinanderdriften von Selbst- und Fremdwahrnehmung der selbst erstellten Fotos. Es ist also eine sehr hohe Kunst, zumindest Fragmente der Gefühle, die den Makronist bei der Erstellung des Bildes bewegten, mit ins Foto zu nehmen und mit diesem an den Bildbetrachter weiterzuleiten.

Du siehst, der staksige Senfstängel liefert ´ne Menge Content... :-).

Lieber Gruß,

Roland

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