Ein Beispiel für Metamerie (Farbenlehre)

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Makronist

Für einen Fotografen kann es nicht falsch sein, sich mit seinem Werkstoff, dem Licht, etwas näher auseinanderzusetzen, dachte ich mir. Also habe ich ein Spektrometer an mein Mikroskop "angeflanscht" (eigentlich, um UV-Fluoreszenz genauer zu analysieren). Jetzt bin ich jedoch bei der Farbenlehre hängengeblieben, speziell bei der Farbwahrnehmung des Menschen und der Frage: Was nehmen wir (bzw. die Kamera) von unserer Umwelt eigentlich wahr, und was nicht. Dabei bin ich auf den Begriff Metamerie gestoßen.

Unter Metamerie versteht man die Tatsache, dass sichtbares Licht mit (u.U. völlig) unterschiedlicher spektraler Verteilung für die menschliche Wahrnehmung gleich aussieht.

Ein gutes Beispiel, um dies zu verdeutlichen, sind die Mischfarben, die durch Interferenz an dünnen Schichten entstehen. Dieser Interferenzeffekt ist (u.A.) bei Seifenblasen, dünnen Ölfilmen (auf Wasser) und eben auch bei Insektenflügeln beobachtbar.

In Abb. 1. (höhere Auflösung gibt es hier) ist die hintere Kante eines Fliegenflügels (Musca domestica, gewöhnliche Stubenfliege) bei senkrechter Beleuchtung zu sehen. Der Flügelquerschnitt hat die Form eines Keils, an der hinteren Kante ist er nur ca. 300nm dick, zur Mitte hin werden es über 1000 nm (= 1Mikrometer). Dies ist an dem streifenförmigen Verlauf der Farben ersichtlich: Jeder Schichtdicke lässt sich eindeutig eine Farbewahrnehmung zuordnen, umgekehrt funktioniert dies aber nicht!  Dieser Effekt soll im Folgenden weiter vertieft werden.

An den oben gezeigten Bildausschnitten (ca. 20Mikrometer Durchmesser) wurde das Spektrum mit dem Spektrometer vermessen, und daraus die lokale Flügeldicke bestimmt. Im unteren Bereich ist ein Farbverlauf eingeblendet, der anhand eines physikalischen Modells berechnet wurde (quasi ein mathematischer Fliegenflügel :-). Eine zumindest qualitative Übereinstimmung ist gegeben.

Man erkennt, dass ab einer Schichtdicke von ca. 400nm immer nur Magenta und Grün abwechseln, (wobei die Sättigung etwas abnimmt).

Im xy-Farbdiagramm (Abb 2) sieht man, dass man mit zunehmender Flügeldicke tatsächlich immer nur im Kreis läuft, und sich die Farbwahrnehmung somit ständig wiederholt. Die Reflexionsspektren sind jedoch für jede Dicke eindeutig festgelegt, d.h. aus dem Spektrum kann man eindeutig die Schichtdicke bestimmen! Es ist lediglich die auf 3 Dimensionen (RGB) beschränkte Farbwahrnehmung des menschlichen visuellen Systems, das uns verschiedene Spektralverläufe gleich aussehen lässt!  In Abb. 3 sind 3  Beispielspektren gezeigt, die für uns alle Grün aussehen! Viele Vögel haben 4 Farbrezeptoren, es ist also anzunehmen, dass sie die verschiedenen „Magentas“ bzw. „Grüns“ des Flügels als völlig verschiedene Farben wahrnehmen können. Aber auch das reicht nicht für eine wirkliche vollständige Charakterisierung des sichtbaren Lichts. Mein Spektrometer kann immerhin (bis zu) 2048 Spektralpunkte aufnehmen, mathematisch gesehen ist der sichtbare Farbraum jedoch unendlich dimensional!

Ein weiteres Beispiel zeigt Abb. 4: Metallisches Gold und einige goldenen Schuppen der Urania-Motte (ABM 100:1 bzw. 50:1). Für uns (und auch die Kamera) sehen die Goldtöne (nahezu) gleich aus.

In Abb. 5 sind die Reflexions-Spektren von metallischem Gold und den goldenen Schuppen des Schmetterlings dargestellt. Sie sind wieder sehr verschieden. Während der Flügel eine fast ideale Bandpass-Struktur mit Mittenfrequenz im reinen gelben Spektrum aufweist, zeichnet die Metall-Reflektion ein Mischspektrum aus Grün und Rot aus. Wie alle Metalle (selbst schwarz eloxiertes Aluminium) ist die Reflektivität im Infraroten hoch. Interessanterweise zeigen beide Spektrum auch eine hohe Reflektivität im Ultravioletten (< 400nm).

Zusammenfassung: Offensichtlich erfassen wir von der (Farb)-Welt um uns herum nur einen winzigen Bruchteil. Die „Wirklichkeit“ ist wesentlich vielfältiger und bunter, als wir das mit unseren beschränkten Sinnen wahrnehmen können. Zudem ist Farbwahrnehmung etwas äußerst subjektives: Menschen (RGB), Vögel (4 Farbrezeptoren), Insekten: Oft UV sensitiv (Bienen etwa: UV, Blau, Grün statt RGB), Hunde nur schwarzweiß…

Aufgrund der Metamerie erklärt sich auch, weshalb manche Dinge bei Kunstlicht (z.B. LEDs) völlig gleich(farbig) aussehen, bei Tageslicht jedoch in ihrer Farbwahrnehmung unterscheidbar sind – oder umgekehrt. Zumindest dieser Effekt ist für den Fotografen von Bedeutung, wenn es um die Wahl der Beleuchtungstechnik geht.

[Ich hoffe, dieser Beitrag war nicht zu technisch-langweilig, nichtsdestotrotz werde ich künftig öfter bei meinen Bildeinstellungen ein Farbspektrum mit dazugeben.]

 

 

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