Kubismus

Nachdem ich erst seit wenigen Tagen erste Erfahrungen mit Vintage Objektiven sammle, möchte ich ein erstes Foto zur Diskussion stellen und hoffe auf gute Hinweise und Ratschläge. Trotzdem bitte ich darum, mit einem absoluten Neuling gnädig zu sein.

Gestern war ich erstmals mit meinem  Meyer-Optik Görlitz Trioplan 2.8/100 unterwegs und konnte bei strahlender Morgensonne bei stark reflektierendem Licht zunächst ohne weiteres die allseits bekannten Bubbles abbilden. Nachdem mir gesagt wurde, dass das Objektiv darüber hinaus einiges mehr kann, experimentierte ich einfach darauf los und erzielte interessante Lichtphänomene aus sich kreuzenden Linien und Streifen. Ich suchte daraufhin ein Motiv, dass diese aufgreift und sich mit ihnen ergänzt. Dabei hatte ich den speziellen Kubismus des von mir sehr geschätzten Malers Lyonel Feininger vor Augen.

Nachdem ich mein Motiv gefunden hatte, versucht ich das Sonnenlicht so zu nutzen, dass es auf die vertrockneten Blüten und Stiele der Pflanze fällt, so dass sich diese teils hell und nicht nur dunkel vom Hintergrund abheben. Gleichzeitig wollte ich keinen zufälligen Hintergrund entstehen lassen sondern ein Zusammenspiel von Motiv und Boket nach meinen Vorstellungen schaffen. Damit beschäftigt, scheiterte ich dann daran, richtig zu fokussieren und die Schärfe genau auf die Blüten zu legen.

Es ist wohl das Leiden eines jeden Neulings, dass er auf so viele gleichermaßen wichtige Dinge achten und diese koordinieren muß, dass er anfangs nur scheitern kann.

Kommentarbereich

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ADMIN

Hallo Münchner,

herzlich willkommen bei Makrotreff! 

Das Trioplan 2.8/100mm ist ein feines Objektiv, um die ersten Schritte in die phantastische Welt der Vintage-Makrofotografie zu machen.

Schauen wir uns das Foto etwas genauer an:

Schärfe

Dein Bild zeigt sehr schön die Abbildungscharakteristik dieses Objektiv-Klassikers in den Unschärfebereichen; die länglichen Kontrastkanten gleichen Pinselstrichen. Und der aus der Reihe tanzende "dicke", senkrechte Pinselstrich im rechten Bilddrittel verleiht dem Bokeh Spannung.

Wie Du selbst oben schon geschrieben hast, ist es nicht ganz einfach, die Schärfe der schmalen Schärfeebene der offenen Blende 2.8 richtig zu platzieren. In Deinem Foto liegt sie zwar überwiegend auf den mittleren Fruchtständen, aber die oberen Bereiche der anderen beiden Fruchtstände befindet sich komplett außerhalb diese Schärfeebene – und sind somit unscharf. Dies erkennt der Bildbetrachter aber erst auf den zweiten Blick. Und genau hier liegt das Problem. Solche geringen Unschärfen verwirren beim Betrachten des Fotos. Unschärfen sollten in der Regel so deutlich unscharf sein, dass dies sofort erkennbar ist.

Zum weiteren sollten sie "attraktiv" unscharf sein. Hierbei können ja Vintage-Objektive in besonderer Art und Weise hilfreich sein. Diese attraktive Unschärfe entsteht aber meist erst ab einem gewissen Unschärfegrad.

Bildaufteilung

Auf den ersten (Betrachter-)Blick fallen die drei nebeneinander stehenden Fruchtstände auf – und zwar erst einmal gleichwertig (weil, wie oben beschrieben, die Unschärfen nicht auf den ersten Blick erkennbar sind). Sie gehören also erst einmal alle zum Hauptmotiv.

Der rechte Fruchtstand ist angeschnitten. Anders ausgedrückt: Das Hauptmotiv ist angeschnitten. Mir als Betrachter stellt sich die Frage: Warum? Was willst Du mir damit sagen? Ich erkenne es nicht...

Ein Hauptmotiv anzuschneiden, ist in aller Regel eine "harte" Aktion. Damit verbunden sein sollte eine Botschaft, die sich dem Bildbetrachter rasch erschließt. Ansonsten wirkt es meist wesentlich harmonischer, wenn man ein Hauptmotiv komplett ins Bild integriert.

Nun könnte man bei diesem Bild sagen, dass aufgrund des oben erwähnten "aus der Reihe tanzenden" dicken Unschärfestrichs im rechten Bild-Drittel eine gewollte Rechtslastigkeit im Bild zum Ausdruck kommt, die mittels der in der Schärfe liegenden drei vorderen Blütenhüllen des rechten Fruchtstands erfolgreich verstärkt wird.

Ja, das könnte man sagen, klingt aber alles irgendwie ein bisschen kompliziert, vielleicht sogar konstruiert. Und selbst bei diesem Ansatz würde es das Foto deutlich aufwerten, wenn sich die unscharfen Blütenhüllen durch mehr Unschärfe deutlicher von den scharfen abheben würden.

Alles in allem ein interessanter und durchdachter Ersteinsatz des tollen Trioplans außerhalb der Bubble-Wiedergabe – die übrigens sehr attraktive Bilder liefern kann, wenn man mit den Bubbles richtig umgehen lernt :-).

In diesem Sinne weiterhin "Gut Licht"

Roland

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