Trichogramma evanescens ist eine Schlupfwespen-Art, die ihre Eier in die EIER von Motten legt (hier: Getreidemotte, Sitototroga cerealella). Sie entwickeln sich im Wirtsei über drei Larven-Stadien und die Verpuppung zum kompletten erwachsenen Tier heran ... und plötzlich schlüpft eine Wespe aus einem Schmetterlingsei!
Wo andere Wespenarten mühsam Waben basteln, und die Brut darin hochpäppeln, ernährt sich dieses Tier ausschließlich vom Schmetterlings-Ei und braucht keinerlei Brutpflege. Einen Nachteil hat diese Strategie natürlich: Man kann nicht größer werden als ein Schmetterlings-Ei, in diesem Fall ca. 0,3-0,4mm. Tatsächlich gehört diese Wespe zu den kleinsten bekannten Insekten überhaupt [es gibt noch einen Ableger der Familie, die ihre Eier in Staublaus-Eier (!) legen, und noch kleiner sind.]
Alle Bilder sind deshalb im ABM 50:1, Bild B6 sogar 100:1 (-wirklich grenzwertig). Das "schärfste" Bild ist Bild 4, mit einem NA=0.74 (und theoretischer Auflösung von 0,4 Mikrometer).
Zu den Bildern:
B1: Es dauert bis zu 1/2 h, bis sich die Tiere durch die Ei-Haut gekämpft haben (die ist immerhin 4 mal so dick wie die Flügel der Tiere, vgl. Bild 9) Rechts oben sieht man Schmetterlings-Schuppen, den die Getreidemotten beim Eier-Legen hinterlassen haben. Sie können hier als Größenvergleich dienen!
B2: Kurz nach dem Schlupf.
B3: Umgeben von Eiern, aus denen bereits "Kollegen" geschlüpft sind
B4: Die meisten Tiere sind flugunfähig, einige haben aber ausgeprägte Flügel. Die sind seehrr dünn, ca. 200 nm (weniger als eine halbe Lichtwellenlänge von grünem Licht!), vgl Spektrum Bild 10. Ich habe beobachtet, dass sie ca. 10mm weit fliegen können :-)
B5: Wie gesagt, die meisten können nur krabbeln, da sie verkümmerte Flügel haben.
B6: Hier ein Portrait-Versuch im ABM 100:1 ... naja...
B7: Diesen Karton mit den Eiern hat mir meine Tochter zum Geburtstag geschenkt (was will man so einem Vater auch anderes schenken :-) Er ist dafür gedacht, Lebensmittelmotten auf natürliche Art und Weise zu bekämpfen. Hier kann er als Größenvergleich dienen.
B8: Manchmal schlüpft auch die richtige Larve der Getreidemotte aus dem Ei....
B9: Ich konnte mich nicht zwischen B1 und diesem hier entscheiden
B10: Spektren von Flügel bzw. Wirts-Ei im coaxialen Auflicht (nur für die Spezialisten unter Euch)
Was noch Bemerkenswert ist: Diese winzigen Insekten sind am unteren Limit dessen, was man an Neuronen braucht, um als Insekt funktionieren zu können, nämlich ca. 7000-10000. [Zum Vergleich: Wir Menschen haben ca. 86 Milliarden Hirnzellen, das sind etwa 12 Millionen mal mehr!] Die Tierchen sind deshalb intensiver Forschungsgegenstand der Neurologen. Aber eigentlich können sie alles, was man braucht: Laufen (relativ schnell!), teilweise sogar fliegen, sich paaren, über Chemo -Sensoren auch weiter weg liegende Wirts-Eier finden. Darüberhinaus klopfen die Weibchen, wenn sie ein mögliches Wirts-Ei gefunden haben, dasselbe mit ihren Fühlern ab. Damit können sie feststellen, ob das Ei geeignet ist oder auch bereits "besetzt" ist (von einer Vorgängerin). Braucht man noch mehr an Intelligenz?
Kommentare
Guten Abend Uli, Grandiose…
Guten Abend Uli,
Grandiose Fotos und eine spannende Story. Vielen Dank dafür!
LG und eine schöne Woche, Carsten
MOD
Grüß Dich Uli, Hirn wir…
Grüß Dich Uli,
Hirn wir oftmals überschätzt :-) Da denke ich an die Lohblüte. Ein Schleimpilz ohne Augen, Nase, Mund und Hirn. Dennoch kann er krabbeln und den schnellsten Weg durch einen einfachen Irrgarten hin zum Futter finden. Als nicht Pilz, staunt und wundert man sich :-))
Servus
Wolfgang
ADMIN
Hallo Uli,diese kleinen…
Hallo Uli,
diese kleinen Parasitwespen spielen bei der Regulation von Tierpopulationen – ja am Ende sogar von ganzen Ökosystemen – eine sehr große Rolle.
Aber nicht nur vor diesem Hintergrund ist Deine Trichogramma-Geschichte sehr interessant. Auch die foto-dokumentarische Darstellung ist vom Feinsten – und hat in dieser Qualität einen großen Seltenheitswert.
Danke auch für die vielen Zusatzinformationen, die dazu beitragen, das überaus Faszinierende hinter diesen Tieren überhaupt erst zu begreifen.
GRATULATION zu dieser TOP-Bildgeschichte!
In diesem Sinne weiterhin "Gut Licht"
Roland
Danke, Roland, fürs…
Danke, Roland, fürs Schleiferl. Mich haben diese Tierchen sehr fasziniert. Mit bloßem Auge nimmt man sie - wenn überhaupt - nur als "Pünktchen" wahr. Und dann haben sie doch alles voll ausgebildet: Augen, Fühler, Mundwerkzeuge, Flügel... Allerdings ist der ABM 50:1 /NA 0,75 (mit Arbeitsabstand 5,2 mm) schon eine Herausforderung für 3D-Objekte, ich habe mehr als eine Woche an diesen Fotos herumgebastelt.
Schöne Grüße
Uli
Grüß dich Uli,das ist wieder…
Grüß dich Uli,
das ist wieder ein starker Beitrag! Unglaublich, was Du alles aus dem Unsichtbaren ans Licht holst. Ganz fantastisch.
Liebe Grüße
Inga
Hallo Uli,vielen Dank für…
Hallo Uli,
vielen Dank für Deine spannenden Lehrstunden in Wort und Bild.
Ich bin immer wieder aufs neue fasziniert.
Viele Grüße
Holger
MOD
Hallo Uli, es ist schon…
Hallo Uli,
es ist schon alles geschrieben. Da bleibt mir nur noch Dir ganz herzlich zum Toppi zu gratulieren. Einfach klasse, fachlich wie fotografisch. Ich glaube wir freuen uns alle hier sehr über Deine wunderbaren Einstellungen.
Liebe Grüße
Gabi
Ulli, wie aufregend und…
Ulli, wie aufregend und schön!! Eine absolute Bereicherung! Danke und Gratulatiion, Gudrun.
Makronist
Hallo Uli, das ist ganz…
Hallo Uli,
das ist ganz großes Kino, in jeglicher Hinsicht. Sowohl fotografisch, als auch der "Geschichte" und deren Aufbereitung. Du hattest mehr als ein Schleiferl verdient.
Ich wünsche Dir, dass es auch nach der Umstellung auf max. ein Foto/Beitrag die Möglichkeit geben wird, solche "Geschichten" zu zeigen und zu erzählen.
Mit allerhöchster Anerkennung grüßt Dich
Reinhard
Neuen Kommentar hinzufügen