_____Helmling_____________

Kommentarbereich

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ADMIN

Hallo Lars,

ein herzliches Willkommen hier bei Makrotreff auch von mir.

Ein interessantes Foto, erstellt mit dem "kleinen Trio". Und nicht so einfach zu besprechen. Ich picke mir ein paar Punkte heraus:

Licht

Im Bild liegt ein sehr seltsames Licht. Es ist homogen, sehr weich – und ein wenig flach. Insbesondere das Licht auf dem Helmling wirkt fast ein bisschen künstlich. Auch liegt hier eine Aufhellung von unten vor. Woher kommt die? Die Blätter auf dem Boden sind dunkel. Sie sollten nicht die Ursache für diese Aufhellung sein.

Auch der Hintergrund wirkt trotz der verschiedenen Farben und der Vielzahl der weichen Bubbels – die typisch für das "kleine Trio" sind – sehr homogen. Für mich (!) ist das alles ein bisschen viel Homogenität, insbesondere in Verbindung mit dem künstlich wirkenden, recht weißen Licht auf dem Hauptmotiv.

Du siehst, ich bleibe immer wieder an diesem Licht hängen. Kannst Du zur Beleuchtung bzw. zu den Lichtverhältnissen ein paar Erläuterungen geben?

Schärfe

Pilzhut und Pilzstiel haben die Schärfe, die dieses Objektiv am Zwischenring zu leisten imstande ist.
Obwohl auf dem Boden überall Blätter liegen, befindet sich nirgends ein Blätterrand in der Schärfeebene. Dies ist sehr auffällig – und dadurch fast ein bisschen unnatürlich. Wie kommt das? Selbst nahe am Bildrand leistet das Trioplan 2.9/50mm mehr Schärfe als hier zu sehen ist. Kann aber Zufall sein. Oder hast Du hier nachträglich gesoftet?

Bildkomposition

Sehr gut gefällt mir, dass sich das Hauptmotiv, also der Helmling , in der linken Bildseite befindet. Er hat eine leichte Schlagseite nach links :-). Das ist nicht viel – aber es reicht aus, eine gewisse Disharmonie zu erzeugen. Es ist tatsächlich erstaunlich, wie wenig Neigung ausreicht, um den Eindruck zu vermitteln, der Pilz würde nach lins aus dem Bild heraus kippen. Eine Nuance, und dennoch ist diese Wirkung da. Stünde er gerade oder wäre diese leichte Neigung nach rechts ins Bild hin orientiert, hätte dies Auswirkung auf die gesamte Bildwirkung.

Farben

Die sanften, gedämpften Farben finde ich sehr ansprechend – und auffällig. Hier sind Farben beteiligt, die sich zumindest nicht mit sofortiger Selbstverständlichkeit dem Lebensraum des Helmlings, dem Waldboden, zuordnen lassen. Woher kommen die gelblichen Töne? Woher die tief grünen? Sie geben dem Foto zwar eine sehr attraktive Farbe, werfen aber auch Fragen auf. Kannst Du hierzu kurz etwas schreiben?

Du siehst, ich stelle zu diesem Foto mindestens so viele Fragen wie ich Feststellungen treffe. Das macht dieses Foto aus. Es zieht den Betrachterblick an, wirft aber auch sehr schnell Fragen auf. Zu auffällig sind die Schärfeverläufe, in Verbindung damit auch die sehr schwachen Kontraste sowie insbesondere auch das Licht. Das alles macht es zu einem interessanten Foto!

In diesem Sinne weiterhin "Gut Licht",

Roland 

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Makronist

Hallo Roland, vielen Dank für Deine Begrüßung und die sehr ausführliche Bildbesprechung. Ich versuche mal, deine Fragen zu beantworten. Das Bild ist am 29.10 um ungefähr 10.15h entstanden, d.h. die Sonne stand schon ein klein wenig höher. Dies ist eine Gegenlichaufnahme, hinter dem Pilz befanden sich Laub, grüne Pflanzen am Boden und Bäume, durch die das Licht gefallen ist und durch die die Unschärfekreise entstanden sind.  An den Bäumen waren natürlichn auch schon etliche braune und gelbe Blätter, daher die unetrschiedlichen Farben, bei denen ich, da das trioplan sehr kontrastarme Bilder macht, ein wenig den Kontrast und die Sättigung erhöht habe und zwar so, wie ich es für ansprechend gehalten habe - ich habe von diesem Bild auch einen Ausdruck, da wirken die Farben ein wenig zu sehr magentafarben. Hier finde ich es aber in ordnung. Warum der Stiel etwas heller ist, kann ich Dir leider nicht genau sagen - ist im original unbearbeiteten Bild aber auch so. Ich glaube, der Stiel war von sich aus etwas heller als der Schirm...

Pilzhut habe ich nachträglich geschärft, ein Stück vom Stiel vermutlich auch. Dass es keine scharfen Blätter gibt, hat damit zu tun, dass die Blätter in der Schärfeebene verdeckt sind durch weiter vorne liegende Blätter und die sind wiederum unscharf. Nachträgliche Unschärfe habe ich nicht eingefügt....

Das mit dem Kippen werde ich mir nochmal in Ruhe ansehen und gucken wie es anders aussieht....

Ich hänge mal ein völlig unbearbeitete Version an - dann kann man vielleicht ganz gut sehen, was sich geändert hat.....

LG Lars

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ADMIN

Vintage-Fotografie und Kontraste

Hallo Lars,

vielen Dank für Deine Erläuterungen und die Einstellung des Originals. Alles zusammen sind das eine Menge Informationen :-), die uns viel Aufschluss liefern.

Ich denke mal einfach laut:

Das Original ist unterbelichtet – wahrscheinlich infolge des helleren Hintergrunds und der Lichtflecken oben im Bild, die aufgrund der tiefen Perspektive ins Bild kommen.

Nachträgliches Hochziehen der Belichtung führt (generell) zur Abschwächung von Kontrasten. Da dies hier zusätzlich zum Umstand dazukommt, dass das Trioplan 2.9/50mm ohnehin recht kontrastarm zeichnet, ist das Ergebnis ein sehr kontrastarmes Bild.

Deine nachträgliche Aufhellung ist so stark ausgefallen, dass die Bereiche um den Pilzhut sowie den Pilzstängel herum sogar etwas zu hell geworden sind. Das führt zu dem von mir oben angesprochenen, leicht unnatürlichen Eindruck ("Aufhellung von unten"). Diese etwas zu starke Aufhellung führt wiederum in Verbindung mit der Kontrastarmut zu dem von mir oben genannten "flachen" Licht.

Lösung

Belichtung

Insbesondere beim Einsatz von Vintage-Objektiven – und insbesondere dann, wenn diese überdurchschnittlich kontrastarm abbilden –, ist es von großer Bedeutung, bereits während der Erstellung des Fotos auf eine möglichst korrekte Belichtung zu achten. Denn es gilt allgemein: Nachträgliches Hochziehen der Belichtung bei flauen Fotos führt zur Verstärkung des flauen Eindrucks und zu einem Eindruck ähnlich einem überdurchschnittlichen Bildrauschen. Das hat oft zur Folge, dass man jeden Nachbearbeitungsschritt, den man vornimmt, irgendwie wieder mit einem weiteren, anderen Nachbearbeitungsschritt ausgleichen muss. Unterm Strich führt eine solche Kette schnell zu einer "Verschlimmbesserung" des Gesamtbildes. Dies lässt sich fast nur dadurch vermeiden, dass man von vornherein möglichst optimale Bildergebnisse "fotografiert", sodass die nachträglichen Eingriffe auf ein Mindestmaß reduziert werden. Hinzu kommt, dass es unterschiedlich geeignete Ausgangslagen beim Motiv gibt, so zum Beispiel unter anderem auch das Licht betreffend:

Licht

Ebenfalls ausgehend von der Kontrastarmut ist es bei solchen Objektiven hilfreich, Motive auszuwählen, auf denen irgendein ansprechendes Licht liegt, das für gute Kontraste sorgt. Das kann  beispielsweise ein seitlich einfallender Lichtstrahl sein oder auch ein stärkeres Gegenlicht. Das bringt natürlich dann sofort zusätzliche Kontrastkanten ins Bild.

Selbstverständlich ist es aber auch möglich, ohne dieses härtere Licht mit diesem oder ähnlichen Objektiven gute Fotos zu machen. Dann aber sollten die Lichtverteilungen im Bild passen. Ein beschattetes helles Hauptmotiv vor Lichtflecken im Hintergrund ist, was Kontrastbewältigung anbetrifft, eine äußerst schwierige Sache; spätestens beim Aufhellen des Fotos wird das deutlich. Und genau dies ist beim Helmling-Foto der Fall: Der Pilz ist sehr hell, in Teilen fast weiß, und befindet sich im Schatten. Im Hintergrund liegen sonnenbeschienene Lichtflecken. Zieht man nur hier die Gesamtbelichtung hoch, endet dies in partiellen Überbelichtungen und allgemeiner Kontrastarmut. Der im Schatten stehende helle Pilz wird so stark hochgezogen, dass der Schatteneindruck verschwindet; der Hintergrund mit seinen Lichtpartien wird ebenfalls hochgezogen. Das Gesamtergebnsi: helles Hauptmotiv vor hellem Hintergrund – und das alles in einem Meer von Kontrastarmut (ich übertreibe!). Die oben beschriebene "Verschlimmbesserung" setzt in dem Moment ein, wo man (selbstverständlich) nachträglich die Kontraste anhebt. Ab nun muss man bei jedem Schritt mit Kompromissen leben...

Moderne Objektive kommen mit solchen Ausgangssituationen besser klar. Man muss also diese alten Objektivschätzchen neu und individuell kennenlernen, denn das Fotografieren mit ihnen ist tatsächlich ein etwas anderes Fotografieren als dasjenige, das wir alle gelernt haben :-). Das Schöne dabei: Dieses Lernen geht relativ schnell, wenn man weiß, worauf man schauen muss, wenn man also die Unterschiede erkannt hat. Damit erschließt man sich dann eine völlig neue Art der (Makro-)Fotografie, die richtig viel Spaß macht – und eben so in dieser Form nicht mit modernen Objektiven umzusetzen ist.

Nochmals vielen Dank für Deine umfangreichen Erklärungen und die Einstellung des Originalfotos. Nur so lässt sich dieses sehr interessante Bildbeispiel so umfassen stichhaltig besprechen. Hieraus lassen sich eine Menge sehr interessante Informationen herauslesen.

Lieber Gruß,

Roland

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MOD

Grüß Dich Lars,

jetzt muss ich meinen Senf auch noch dazu geben. Roland hat schon recht wenn er sagt dass es ein wenig zu homogen (böser gesagt "flau") ist, es wirkt ein wenig als würde der Pilz versuchen im Hintergrund unterzutauchen. Das hat auch ein wenig mit den Lichtverhältnissen vor Ort zu tun. Wäre der Hintergrund dunkler würde der Pilz mehr hervorstechen. Was also tun? Ich neige dazu bei Pilzen die Umgebung etwas unterzubelichten und spendiere dem Objekt der Begierde dafür etwas Licht. Reflektoren sind hier am unkompliziertesten, Lampen gehen auch, verlangen aber viel Fingerspitzengefühl. Das Kippen sehe ich weniger dramatisch. Wieso? Bei dünnstieligen Pilzen muss man sich oft entscheiden was man sich herauspickt, Hut oder Stiel. Ich versuche hier meistens den Hut in die Waagerechte zu bringen, dann ist der Stiel halt etwas schief. Wenn Du hier versuchst den Stiel gerade zu bringen kippt der Hut dafür. In der Natur richten sich die Hüte aber meist waagerecht aus. Ein schönes Bild zeigst Du uns aber wie man so schön sagt:"A bisserl was geht immer noch." *lach*

Servus
Wolfgang

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Makronist

Hallo Wolfgang, ich danke dir für die Rückmeldung.

Ich habe mal vor ein paar Jahren Libellen mit Hilfe eines Reflektors fotografiert, aber die Ergebnisse haben mir, abgesehen davon, dass ich das Gefühl hatte, dass die Libelle das auch nicht sonderlich gut fand, nicht so gut gefallen - mir waren die Bilder Bilder zu hart und kontrastreich. Deshalb habe ich mich entschieden auch keine weiteren Lichtquellen als Hilfmittel zu nutzen und arbeite mit dem natürlichen Licht.

Ob man dann eher ein "flaues" Bild mag, oder Bilder, bei denen das Fotografierte Objekt von einem dunkleren HG herausgelöst wird, ist dann vielleicht auch ein wenig eine Frage des Geschmacks, viele meiner Bilder sind halt eher so:-)

Ich habe das Trioplan erst seit einem Jahr und habe noch nicht allzuviel damit fotografiert - dies ist eines der Bilder, bei denen ich das Gefühl hatte, dass es schonmal vorzeigbar ist, aber ich werde mich mit sicherheit auch noch weiter mit diesem Objektiv beschäftigen. Mal gucken, was da noch so geht...LG Lars

Profile picture for user Wolfgang Zeiselmair

MOD

Hallo Lars,

nicht falsch verstehen,das Bild ist er mal gut. Aber der Grund wieso wir hier sind ist ja, dass wir besser werden wollen. Je besser das Bild, desto höher kann die Kritik angesetzt werden. Anfänger darf man nicht verschrecken und Fortgeschrittene nicht langweilen. Mit Licht und Reflektoren ist es immer so eine Sache, bei Insekten ist es schwierig weil sie ungeduldig sind. Pilze stehen wie eine Eiche, da kann man schon gemütlich experimentieren. Und ja, der Einsatz von Licht will geübt sein, auf dass es nicht komplett unnatürlich wirkt.

In diesem Sinne, immer gut Licht

Wolfgang

Profile picture for user Lars Ortgies
Makronist

Hallo Wolfgang, keine Sorge, ich verstehe dich schon nicht falsch....Ich habe nur vielleicht eine andere Vorstellung davon im Kopf, wie ich gerne fotografieren möchte. Momentan macht es mir unglaublich viel Spaß, mit dem mir vorhandenen Licht zu abeiten und auch nur dieses gezielt einzusetzen. (Irgendwann in Zukunft wird das vielleicht auch anders sein;-)). In Verbindung mit dem Trioplan ist das dann noch ziemliches Neuland für mich. Ich freue mich über die Rückmeldung und nehme sie mir auch zu Herzen, und werde das ein oder andere auch in Zukunft beim Fotografieren berücksichtigen......

LG Lars

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