Kleine Welten

Die kleinen Pilze wurden letzte Woche von mir in einem Wäldchen aufgenommen.

Zur Freude von ( glücklicherweise nur zwei ) Spaziergängern und zwei Hunden lag ich dabei bäuchlings auf dem Boden und wartete dabei immer das Aufleuchten der Sonne im HG ab- das Wetter wechselte an diesem Tag ständig.

Aufgenommen wurden die Pilze mit der Canon 5D M3 und dem adaptierten Trioplan 100/2.8 bei Blende 2.8 oder 4

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ADMIN

Hallo Marion,

ich schreibe diese paar Zeilen erst einige Tage nach der Einstellung Deiner tollen Pilz-Vintage-Fotos, ich war viel unterwegs in Sachen Multivisions-Vorträgen.

Das Foto zeigt eine wunderbare Stimmung am herbstlichen Waldboden: Pilze, Laub, Herbstfarben, Licht-/Schattenspiele. Folgende Aspekte fallen auf:

Bildanteil Hauptmotiv / Perspektive

Das Hauptmotiv ist die Pilzgruppe – genauer gesagt der linke Pilz dieser Pilzgruppe, denn nur der befindet sich in der Schärfeebene. Sehr schön ist, dass auf diesem Pilz auch ein wenig Licht liegt, alle anderen sind stark beschattet und wirken dadurch mehr als Silhouette.
Der kleine Lichtspot erleichtert es dem Hauptmotiv-Pilz, vom Betrachterauge gefunden zu werden. Denn die Pilzgruppe als Ganze ist bereits recht klein abgebildet, der eine Hauptmotiv-Pilz nimmt sogar nur einen winzigen Teil der Bildfläche ein.

Da diese Bildfläche ziemlich unruhig ist (recht stark strukturierter Vordergrund, Hintergrund mit noch mehr Strukturen und den Licht-/Schattenwechseln), weiß das Betrachterauge zunächst einmal nicht, worauf es sich konzentrieren soll – anders ausgedrückt, was Du als Makronistin ihm anbieten möchtest. Erst nach längerem Hinschauen (hier zählen Sekunden!) erkennt es: "Ah, dort ist ein kleiner Pilzhut, leicht beschienen und scharf!" Und nun, ausgehend von dieser Sicherheit, das Hauptmotiv entdeckt zu haben, wandert das Betrachterauge neugierig und fasziniert in die Umgebung, in den Lebensraum des Hauptmotivs, hier vor allem in den beleuchteten Hintergrund mit seinen tollen Farben.

Ich habe in meinen  Zeilen in zeitlich gedehnter Form veranschaulicht, wie die meisten neutralen Betrachteraugen dieses Bild entdecken, wie die ersten Sekunden dieser Entdeckung ablaufen. Es wird erkennbar dass diese Entdeckung nicht ganz einfach ist.

LÖSUNG:
Es ist sinnvoll, bei einem derart reicht strukturierten Umfeld dem Hauptmotiv mehr Raum im Bild zu geben, es also größer abzubilden. Dadurch wird es schneller und sicherer als Hauptmotiv erkannt.
Dies muss nicht auf Kosten des wunderschönen Trioplan-Hintergrunds gehen. Er stellt schließlich die zweitwichtigste Aussage im Bild dar, seine Charakteristik darf/soll also mit hoher Dominanz erhalten bleiben.

Nun ist da aber noch der Vordergrund, der als dunkler Schattenstreifen ein gutes Viertel, im rechten Bildbereich sogar fast ein Drittel der Bildfläche einnimmt. Das ist zu viel, er wirkt zu mächtig. Diese Wirkung sollte etwas geschwächt werden – durch ein leichtes Anhebender Kamera, sodass die Pilze mehr auf dem Boden stehen anstatt nahezu in der Bildmitte, sowie durch eine Vergrößerung des Abbildungsmaßstabs.

Also: Näher ran an die Pilze. Der Schärfepunkt bleibt auf dem linken, leicht beschienenen Pilz, der aber nun mehr Bildfläche bekommt. Der dunkle Vordergrund wird verschmälert. Und nun kann der Hintergrund seine Zauberwirkung ausspielen. Von hoher Bedeutung sind hier insbesondere die von der Sonne beschienenen Bereiche. An deren Lichtkanten kann das Trioplan seine Maleigenschaften voll ausspielen.

Infolge der Vergrößerung des Abbildungsmaßstabs in Verbindung mit dem leichten Anheben der Kamera erhält das Foto zusätzlich noch mehr Tiefe; die Pilze sitzen auf dem Boden auf, der dahinterliegende Wald kommt mit seiner Ausdehnung nach hinten und seiner Wuchshöhe verstärkter zur Geltung.

Nun kann sich das Betrachterauge sofort auf die beiden wesentlichen Aussagen des Bildes einlassen: ein schöner Pilz innerhalb einer Pilzgruppe als Hauptmotiv im Vordergrund, der inmitten eines traumhaft durchleuchteten, farbenprächtigen Herbstwaldes steht – wunderbar gezeichnet mit dem fantastischen Trioplan 100.

Du siehst, obwohl ich eine Menge geschrieben habe: Viel fehlt nicht zur perfekten Aufnahme!

In diesem Sinne weiterhin "Gut Licht",

Roland

 

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